Frankfurt a.M., Bogotá (epd). In Kolumbien hat der Friedensprozess mit der Guerillaorganisation ELN einen Dämpfer erlitten. Wie die kolumbianische Regierung am Mittwochmorgen (Ortszeit) in Bogotá erklärte, wird die von ihr ausgerufene Waffenpause zunächst ausgesetzt. Zuvor hatten sich die Rebellen von der seitens der Regierung ausgerufenen Waffenruhe distanziert. Kolumbiens Präsident Gustavo Petro hatte am Silvesterabend eine sechsmonatige Feuerpause mit mehreren bewaffneten Gruppen verkündet, darunter auch mit der ELN.
Die Guerillagruppe dementierte am Dienstag in einer Stellungnahme eine solche Einigung. Sie sprach von einem „einseitigen Regierungsdekret“, das nicht als Einigung akzeptiert werde. Dennoch sehe die Gruppe die Erklärung zur Waffenruhe als Vorschlag, der besprochen werden könne, hieß es.
Auch Innenminister Alfonso Prada erklärte am Mittwoch trotz der Ankündigung der Regierung, die Feuerpause auszusetzen, dass in der zweiten Verhandlungsrunde über einen Friedensvertrag über eine bilaterale Waffenruhe diskutiert werde. Er forderte die Rebellengruppe auf, bis zur Fortführung der Friedensgespräche die Waffen ruhen zu lassen. Die ELN ist vor allem im Grenzgebiet zu Venezuela aktiv. Immer wieder kam es zu gewaltsamen Auseinandersetzungen und Anschlägen.
Derzeit verhandelt die Guerillagruppe mit der kolumbianischen Regierung über einen Friedensvertrag. Die erste Verhandlungsrunde wurde Mitte Dezember abgeschlossen. Diesen Januar sollen die Friedensgespräche in Mexiko fortgeführt werden. Der Verhandlungsführer der Regierung, Otty Patiño, äußerte in der kolumbianischen Tageszeitung „El Espectador“ die Hoffnung, dass in der zweiten Gesprächsrunde Abmachungen über eine Waffenruhe erreicht werden.
Derweil wurde Präsident Petro für seine Verkündung einer Feuerpause kritisiert. Der Senator Huberto de la Calle ermahnte die Regierung, „eine Guerilla, die sich dazu entschieden habe zu verhandeln, nicht zu überraschen“.
Kolumbien leidet seit mehr als 50 Jahren an einem Bürgerkrieg zwischen staatlichen Kräften, linken Guerillagruppen und rechten Paramilitärs. Dabei wurden mehr als 260.000 Menschen getötet, etwa sieben Millionen Menschen wurden vertrieben. Etwa 80.000 Kolumbianer gelten als vermisst. 2016 hatte der damalige Präsident Juan Manuel Santos ein Friedensabkommen mit der Farc-Guerilla abgeschlossen und dafür den Friedensnobelpreis erhalten. Die Farc gab ihre Waffen ab und wandelte sich in eine politische Partei um.