Düsseldorf (epd). Der Präsident des Deutschen Kinderschutzbundes, Heinz Hilgers, wertet die aktuelle Lage der ambulanten und stationären Gesundheitsversorgung für Kinder als schlecht. In der Düsseldorfer „Rheinischen Post“ (Montag) kritisierte er Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) und nannte es dramatisch, dass der Minister nun Eltern auffordere, wichtige Vorsorgeuntersuchungen zu verschieben, weil auch die Kinderarztpraxen völlig überlastet seien.
„Wenn man bedenkt, dass es sonst eindringliche Appelle gab, bis hin zu Gesetzen, die Eltern ein Bußgeld androhen, wenn sie die Vorsorgeuntersuchungen nicht durchführen, dann ist das natürlich ein dramatischer Einschnitt, den wir jetzt erleben“, sagte Hilgers der Zeitung. Er forderte unter anderem ein Notprogramm für Kinderkliniken. Die dort eingesetzten Ärzte und Pflegekräfte fehlten aber dann andernorts, gab er zu bedenken, und mahnte, ein solches Programm werde das Grundproblem nicht lösen können, sondern lediglich die Notlage entschärfen.
Kinderpflege verlange eine andere Ausbildung und mehr Zeitaufwand. Das Fallpauschalensystem bilde den Mehraufwand für ein Kind von ungefähr 30 Prozent im Vergleich zu einem Erwachsenen überhaupt nicht ab. „Die Mittel dafür fehlen - und das nicht erst seit heute“, sagte der Präsident des Kinderschutzbundes.
Hilgers verwies zudem auf eine steigende Kinderarmut in Deutschland und forderte einen Sofortzuschlag von 100 Euro für jedes Kind in Armut: „Es muss ein System in Zeiten der Inflation geben, die Regelsätze früher zu erhöhen.“ In Deutschland gelte als armutsgefährdet, wer in einem Haushalt lebe, in dem das Einkommen weniger als 60 Prozent des mittleren Einkommens beträgt. Demnach seien 21 Prozent der Kinder von Armut betroffen. Noch vor zehn Jahren seien es 18 Prozent, 20 Jahre zuvor weniger als 13 Prozent gewesen.