Berlin (epd). Die Organisation Sea-Watch befürchtet neue Einschränkungen der Seenotrettung im Mittelmeer durch die neue italienische Regierung. Hintergrund ist nach einer Mitteilung der Organisation vom Donnerstag ein Dekret der Regierung in Rom, wonach Retter nach einer ersten Rettung unverzüglich die Suchzone verlassen sollen. Andernfalls drohten Strafen. „Schiffe in den Hafen zu zwingen, verstößt gegen die Pflicht zur Rettung, sollten noch weitere Menschen in Seenot sein“, erklärte Sea-Watch-Sprecher Oliver Kulikowski. Das Dekret sei „eine Aufforderung zum Ertrinkenlassen“.
Nach einem Bericht der italienischen Nachrichtenagentur ANSA sollen Verstöße gegen die neuen Regelungen für private Seenotrettungsorganisationen mit Strafen in Höhe von bis zu 50.000 Euro geahndet werden. Zudem sollen Schiffe auch festgesetzt oder beschlagnahmt werden können. Kulikowski erklärte, seine Organisation werde sich „auch diesem Versuch entgegenstellen, zivile Seenotrettung zu kriminalisieren und Flüchtende ihrer Rechte zu berauben“.
Sea-Watch kritisierte die italienische Regierung zudem für die geänderte Praxis bei der Zuweisung von Häfen nach einer Rettung. Zuletzt wurden weit entfernte Häfen zugewiesen, wovon kurz vor Weihnachten Schiffe der deutschen Organisationen Sea Eye und Mission Lifeline sowie der italienischen Organisation Emergency betroffen waren. Diese Praxis verzögere einen erneuten Einsatz, kritisierte Sea Watch. Sie gefährde zudem die Gesundheit geretteter Menschen auf den Schiffen, sagte Kulikowski.
Eine staatlich organisierte Seenotrettung gibt es auf dem Mittelmeer nicht, lediglich die Schiffe privater Hilfsorganisationen halten Ausschau nach in Not geratenen Flüchtlingen und Migranten. Bei der gefährlichen Flucht über das Mittelmeer kamen laut der Internationalen Organisation für Migration (IOM) in diesem Jahr bereits mehr als 2.000 Flüchtlinge und Migranten ums Leben oder werden vermisst. Die Dunkelziffer dürfte viel höher liegen.