Studie: Hohe Inflation führt zu Reallohnverlust von 4,7 Prozent

Studie: Hohe Inflation führt zu Reallohnverlust von 4,7 Prozent

Düsseldorf (epd). Die Tariflöhne in Deutschland fallen 2022 gegenüber dem Vorjahr um durchschnittlich 2,7 Prozent höher aus. Das ergibt sich aus der vorläufigen Jahresbilanz des Tarifarchivs des Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Instituts (WSI) der Hans-Böckler-Stiftung, die am Dienstag veröffentlicht wurde. Weil es aber zugleich zu einem Anstieg der Verbraucherpreise um 7,8 Prozent komme, sänken die vereinbarten Reallöhne um 4,7 Prozent. „Das ist ein in der Bundesrepublik historisch hoher Wert“, so die Forscher.

„Einerseits haben 2022 aufgrund langfristig wirksamer Tarifverträge in vielen Branchen gar keine Tarifverhandlungen stattgefunden. Andererseits werden aktuell vereinbarte, deutlich stärkere Tariferhöhungen und Inflationsprämien oft erst ab 2023 wirksam“, erläuterte der Leiter des WSI-Tarifarchivs, Thorsten Schulten. Vor diesem Hintergrund komme es im laufenden Jahr zu einem in der Geschichte der Bundesrepublik bislang einzigartigen Reallohnverlust.

Im Jahr 2022 wurden den Angaben nach für etwa 7,4 Millionen Beschäftigte neue Tarifverträge abgeschlossen. Hinzu kommen für weitere zwölf Millionen Beschäftigte Tarifsteigerungen, die bereits 2021 oder früher vereinbart wurden. Mit insgesamt 2,7 Prozent liegt die durchschnittliche Erhöhung der Tarifvergütungen 2022 oberhalb der Corona-Jahre 2020 (2,0 Prozent) und 2021 (1,7 Prozent). Zugleich bleibt sie hinter den Tarifsteigerungen der beiden Boomjahre 2018 und 2019 (3,0 beziehungsweise 2,9 Prozent) zurück.

Für das Jahr 2023 sind laut Schulten deutlich höhere Tarifzuwächse zu erwarten. Hierauf deuteten eine Reihe aktueller Tarifabschlüsse wie etwa in der Chemischen und in der Metall- und Elektroindustrie hin. Hier wurden neben prozentualen Erhöhungen auch die Zahlung von so genannten Inflationsausgleichsprämien vorgesehen, die bis zu einem Betrag von 3.000 Euro steuer- und abgabenfrei sind.

Nach Ansicht von Schulten „steht die Tarifpolitik 2023 in erster Linie vor der Aufgabe, weitere Kaufkraftverluste der Beschäftigten möglichst zu vermeiden“. Angesichts der drohenden Rezessionsgefahr gehe es darum, durch angemessene Lohnsteigerungen die private Nachfrage aufrechtzuerhalten und damit die wirtschaftliche Entwicklung insgesamt zu stabilisieren, so der Tarifexperte.