Hannover (epd). Bund und Länder müssen nach Auffassung des Deutschen Städtetages die Städte bei der Unterbringung und Versorgung von Geflüchteten deutlich stärker unterstützen. Es sei damit zu rechnen, dass die Flüchtlingszahlen im Winter weiter stark ansteigen werden, sagte der Leipziger Oberbürgermeister und Vizepräsident des Deutschen Städtetages, Burkhard Jung, am Mittwoch in Hannover. „Wir werden das aus eigener Kraft nicht schaffen.“ Sorgen bereiten den Kommunen zudem die Energiekrise, die Wohngeldreform sowie die wirtschaftliche Lage in den Krankenhäusern.
Jung forderte den Bund auf, mehr finanzielle Mittel für Geflüchtete zu Verfügung zu stellen, mehr Notunterkünfte und Containerdörfer zu errichten, Verteilungsschlüssel zu verbessern sowie mehr Geld in den Wiederaufbau der zerstörten Infrastruktur in der Ukraine zu investieren. „Mehr Städte in der Ukraine müssen winterfest werden, das könnte Flüchtlingszahlen reduzieren“, sagte Jung am Ende eines zweitägigen Treffens von Präsidium und Hauptausschuss des kommunalen Spitzenverbandes.
Jung betonte, dass die Städte zu ihrer humanitären Verantwortung stehen: „Aber wir brauchen Planungssicherheit.“ Die wieder leicht zunehmenden Angriffe auf geflüchtete Menschen bezeichnete er als „feige, widerlich und unerträglich.“
Der Präsident des Deutschen Städtetages, Markus Lewe (CDU), forderte Bund und Länder unterdessen auf, die erneuerbaren Energien viel schneller als bisher auszubauen und Genehmigungsverfahren zu verkürzen: „Sonst werden wir weder die Energie- noch die Klimakrise bewältigen.“ Im Hinblick auf die hohen Gas- und Strompreise und den nahenden Winter sagte der Oberbürgermeister von Münster: „Wir bereiten uns auf Notfälle vor.“
Es sehe zwar im Moment beim Gas so aus, als komme Deutschland „mit Ach und Krach durch den Winter“, doch beim Strom müsse sich das Land auf Blackouts vorbereiten. Auch Cyberangriffe und Sabotage seien nicht auszuschließen. Die Resilienzstrategie des Bundes sei zwar ein guter Anfang, „aber die Städte erwarten, dass der Bund konkrete Leitlinien für die kritische Infrastruktur erarbeitet und die Expertise der Städte dabei einbezieht.“
Das bundesweite Katastrophen- und Krisenmanagement muss nach Ansicht des kommunalen Spitzenverbandes verbessert werden. „Wir sind da etwas aus der Übung“, sagte Lewe. An die Menschen in Deutschland appellierte er, auch ihre eigene Verantwortung wahrzunehmen. „Einen Vorrat an Wasser, Kerzen, ein batteriebetriebenes Radio sollten die Menschen zu Hause haben“, sagt er. Das Motto laute: „Sei kein Hamster, sei ein Fuchs.“
Bei der zweitägigen Sitzung kam darüber hinaus das Thema Wohngeldreform zur Sprache. Der Städtetag begrüße das „Wohngeld plus“, sagte Lewe. Doch die Reform bedeute eine Verdreifachung der Bezugsberechtigten. Diese könne in den Verwaltungen, personell und auch bezogen auf die IT-Infrastruktur, kaum geleistet werden: „Wir haben Sorge, dass es zu langen Wartezeiten kommt.“
Sorge bereite den kommunalen Politikern auch die wirtschaftliche Situation der Kliniken. „Personalmangel, Inflation, Energiepreise: Die Kliniken stecken ganz tief im Wasser“, warnte Jung. Der von der Bundesregierung ausgerufene Härtefallfond sei gut, aber vieles noch unklar. „Das muss jetzt schnell und zielgerichtet ausformuliert werden“, sagte Jung, „denn wie sollen die Kliniken ihre Wirtschaftsplanungen machen, wenn sie nicht wissen, was sie an Geldern bekommen?“