Queer-Beauftragter Lehmann rät von Reisen nach Katar ab

Queer-Beauftragter Lehmann rät von Reisen nach Katar ab
Der Queer-Beauftragte Lehmann würde queeren Menschen nicht empfehlen, zur WM nach Katar zu reisen. Aber auch in Deutschland werden sie immer noch diskriminiert und schlechter gestellt. Die Bundesregierung will das im Recht und im Alltag ändern.

Berlin (epd). Der Queer-Beauftragte der Bundesregierung, Sven Lehmann (Grüne), rät homo-, bi- oder transsexuellen Menschen davon ab, zur Fußballweltmeisterschaft nach Katar zu reisen. Lehmann sagte am Freitag in Berlin bei der Vorstellung des Aktionsplans „Queer leben“ der Bundesregierung, „aus meiner Sicht sind queere Menschen in Katar nicht sicher“.

Der Grünen-Politiker verwies auf die Menschenrechtsverletzungen gegen Arbeiter, Frauen und queere Menschen in Katar und fügte hinzu, wer in das Land einreise, müsse die dort geltenden Regeln akzeptieren. Dazu gehöre, dass Homosexualität und das öffentliche Zurschaustellen verboten seien. Zuletzt habe der WM-Botschafter Katars Homosexualität als geistigen Schaden bezeichnet. Dass die WM überhaupt nach Katar vergeben worden sei, „ist ein riesengroßer Fehler gewesen“, sagte Lehmann.

Demgegenüber hatte Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) vor Kurzem nach ihrer Reise nach Katar erklärt, sie könne homosexuellen Menschen guten Gewissens empfehlen, zur WM zu reisen. Der Premier des Landes habe ihr die Sicherheitsgarantie gegeben, dass sich jeder Fan frei und ohne Angst bewegen könne. Lehmann unterstützte trotz seiner anderen Haltung die Reise Faesers als notwendig und richtig. Die Ministerin habe das Thema Menschenrechtsverletzungen und den Umgang mit homosexuellen Menschen aktiv angesprochen.

Mit dem Nationalen Aktionsplan „Queer leben“ will die Bundesregierung mehr tun für die Akzeptanz sexueller und geschlechtlicher Vielfalt in Deutschland und gegen die Diskriminierung sexueller Minderheiten vorgehen. Das Kabinett hatte den Plan am Freitag beschlossen. Lehmann bezeichnete das als einen „historischen Tag“. Zum ersten Mal gebe es eine Strategie, damit alle, auch queere Menschen, frei, sicher, selbstbestimmt und gleichberechtigt leben könnten.

Die Ampel-Koalition aus SPD, Grünen und FDP setzt mit dem Aktionsplan eine Vereinbarung aus ihrem Koalitionsvertrag um. In ihm werden alle Vorhaben und Empfehlungen zusammengeführt, die den Alltag und die rechtliche Stellung von Menschen verbessern sollen, die homosexuell, bi-, trans- oder intersexuell leben und gewöhnlich unter dem Begriff „queer“ zusammengefasst werden.

Zu den Vorhaben zählen unter anderem die rechtliche Gleichstellung von Regenbogenfamilien durch eine Reform des Abstammungsrechts und die Abschaffung des Transsexuellengesetzes. Es soll durch ein Selbstbestimmungsgesetz zur Angabe des eigenen Geschlechts ersetzt werden.

Beratungsangebote sollen verstärkt und die Erfassung von Straftaten gegen queere Menschen intensiviert werden. Lehmann zufolge werden allein den erfassten Fällen zufolge jeden Tag drei- bis viermal queere Menschen angegriffen oder beleidigt. Auch auf die Umzüge zum Christopher-Street-Day habe es in diesem Jahr mehr Angriffe gegeben, sagte Lehmann. Im westfälischen-Münster war dabei ein Trans-Mann nach einem Faustschlag gestorben, weil er anderen Angegriffenen helfen wollte.