Berlin (epd). Kinder und Jugendliche sind vor allem in ihrem eigenen Umfeld der Gefahr von sexueller Gewalt ausgesetzt. Darauf weist eine Aufklärungskampagne unter dem Motto „Schieb den Gedanken nicht weg!“ hin, die die Missbrauchsbeauftragte Kerstin Claus und Bundesfamilienministerin Lisa Paus (Grüne) am Donnerstag in Berlin vorstellten. Mit Aussagen wie: „Geh nicht mit Fremden mit! - Und wenn es gar kein Fremder ist?“ stellt die Kampagne gewohnte Denkmuster infrage. Die Motive sind auf Plakaten, in Anzeigen und Spots in den Medien zu sehen.
Familienministerin Paus sagte, nur wenn Erwachsene den Gedanken zuließen, dass sexuelle Gewalt auch Kindern in ihrem persönlichen Umfeld angetan werden könne, könnten sie handeln. Die Kampagne zeige, an wen sie sich wenden und wie sie helfen könnten. Die Missbrauchsbeauftragte Claus erklärte, die Vorstellung, dass sexuelle Gewalt woanders stattfinde, diene eher der eigenen Beruhigung. Nur wer Missbrauch als reale Gefahr erkenne, könne Kinder und Jugendliche besser schützen.
Einer repräsentativen Forsa-Umfrage im Auftrag der Missbrauchsbeauftragten aus dem Jahr 2021 zufolge halten es 90 Prozent der Bevölkerung für wahrscheinlich, dass sexuelle Gewalt vor allem in Familien stattfindet. Doch glauben zugleich 85 Prozent, dass es unwahrscheinlich oder ausgeschlossen ist, dass dies in der eigenen Familie passiert. An diesem Widerspruch setzt die Aufklärungskampagne an.
Sie basiert auf Erkenntnissen, wonach rund drei Viertel der Übergriffe in der Familie oder im sozialen Umfeld passieren. Das Dunkelfeld bei Missbrauch ist weit größer ist als die polizeilich bekannte Zahl von zuletzt rund 15.500 angezeigten Fällen im Jahr 2021.