Trauerexperte: Kondolieren bedeutet, passende Worte zu finden

Trauerexperte: Kondolieren bedeutet, passende Worte zu finden
17.11.2022
epd
epd-Gespräch: Julia Pennigsdorf

Bremen (epd). Nach Ansicht des Bremer Trauerexperten Klaus Dirschauer können angemessene Beileidsbekundungen erlernt werden. „Ich muss nach den für mich passenden Worten suchen. Wenn ich mir diese Zeit nehme, entstehen Empathie und Nähe ganz von allein“, sagte der Pastor und Buchautor dem Evangelischen Pressedienst (epd). Der November stehe für das Gedenken an die Toten, doch der Umgang mit den Hinterbliebenen falle vielen Menschen schwer.

Grundsätzlich sei es ratsam, empfahl der evangelische Theologe, auf Trauernde zuzugehen und sie nicht aus einem Gefühl der Überforderung heraus zu meiden. Emotionale Reaktionen, Tränen etwa, gelte es auszuhalten. „Treffe ich meinen Nachbarn im Treppenhaus und habe zuvor erfahren, dass seine Frau gestorben ist, könnte ich zum Beispiel sagen: 'Ich habe gehört, Sie haben einen Todesfall in der Familie, und ich möchte nicht einfach so an Ihnen vorübergehen.'“ Damit sei ein Anfang gemacht.

Für eine angemessene Kondolenz brauche es allerdings mehr als diesen ersten Schritt. „Auch der Satz 'Es tut mir leid, dass Ihre Frau gestorben ist' - wäre mir zu flach. Da muss ich nach mehr suchen.“ Kondolieren sei eine nachdenkliche Kommunikation, eine verbale Intimität auf Abstand, das mache man nicht mal eben so im Vorbeigehen, sagte Dirschauer.

Sich mit dem Verstorbenen zu beschäftigen, die eigenen Verbindungen zu ihm zu reflektieren, könne helfen, Worte zu finden - im Mündlichen wie im Schriftlichen. „Diese Auseinandersetzung hilft dem Trauernden und gibt mir selbst Sicherheit.“

Davon, trauernden Menschen Ratschläge zu erteilen, oder ihnen von eigenen Trauererlebnissen zu berichten, rät Dirschauer ab. „Der Trauernde hat Vorrang, ich selbst muss mich zurücknehmen.“ Beim Kondolieren gehe es darum, zuzuhören, nicht darum, Bescheid zu wissen. „Bescheid wissen hat immer etwa Überlegenes. Das wäre unangemessen in dieser Situation.“

Deswegen sei es auch gar nicht schlimm, dass Menschen beim Kondolieren nach den richtigen Worten suchen. „Suchen ist das Gegenteil von Bescheid wissen“, sagte Dirschauer. „Man sollte sich nur die Zeit nehmen, die richtigen Worte auch zu finden.“