Berlin (epd). Nach der Entscheidung des Landesverfassungsgerichtshofes zur Wiederholung der Berliner Pannen-Wahlen wird über die Folgen für die Hauptstadt debattiert. Während Berlins Regierende Bürgermeisterin Franziska Giffey (SPD) die Handlungsfähigkeit des Senates beschwor, sicherte der Präsident des Abgeordnetenhauses, Dennis Buchner (SPD), die Funktionsfähigkeit des Parlaments bis nach der Wahlwiederholung zu. Die CDU als größte Oppositionspartei im Berliner Abgeordnetenhaus nannte das Urteil den „absoluten Höhepunkt rot-rot-grünen Scheiterns“.
Das Landesverfassungsgericht hatte am Mittwoch entschieden, dass die Wahlen zum Berliner Abgeordnetenhaus und zu den zwölf Bezirksparlamenten vom 26. September 2021 wegen zahlreicher Pannen flächendeckend wiederholt werden müssen. Die Entscheidung fiel mit sieben gegen zwei Stimmen. Eine Wahlwiederholung muss spätestens 90 Tage nach Urteilsverkündung stattfinden. Bislang hatte der Berliner Senat den 12. Februar dafür vorgesehen.
Der Bundestag hatte bereits in der vergangenen Woche für eine Wiederholung der am selben Tag stattgefundenen Bundestagswahl in 431 von mehr als 2.200 Berliner Lokalen gestimmt. Unter anderem fehlte es an Wahlzetteln, Wahllokale hatten länger als bis 18 Uhr geöffnet und die Wähler mussten teilweise stundenlang vor den Lokalen ausharren.
Giffey betonte nach der Entscheidung des Landesverfassungsgerichts, Ziel müsse jetzt sein, mit einem handlungsfähigen Senat gut durch die Krise zu kommen. Berlin werde nicht versuchen, gegen das Urteil vorzugehen. Zugleich kündigte sie für Donnerstag eine Regierungserklärung im Abgeordnetenhaus an. Buchner betonte, alle Rechtsakte des Parlaments seien auch in der Interimsphase gültig.
Die CDU wertete das Urteil als „Sieg der Demokratie“, wie der Generalsekretär der Berliner Landes-CDU, Stefan Evers, sagte. Die Vereinigung der Unternehmensverbände in Berlin und Brandenburg (UVB) warnte vor einem „monatelangen Stillstand“ durch Wahlkampf und Regierungsneubildung. Die Wiederholung der Wahl komme zum denkbar ungünstigsten Zeitpunkt, sagte UVB-Hauptgeschäftsführer Christian Amsinck.
Der Präsident der Industrie- und Handelskammer Berlin, Sebastian Stietzel, betonte: „Stillstand kann sich Berlin nicht leisten.“ Die Unternehmen erwarteten „eine entschlossene Politik, die die Herausforderungen“ anpacke und keine ideologischen Grabenkämpfe oder Wahlkampfgetöse.
Zur Urteilsbegründung sagte Gerichtspräsidentin Ludgera Selting, die Wahlen seien unzureichend vorbereitet worden. Es müsse davon ausgegangen werden, dass die zahlreichen Pannen Einfluss auf die Sitzverteilung gehabt haben könnten. Die Anzahl der Wahlfehler sei in der Geschichte der Bundesrepublik wohl einzigartig.
Laut Gericht muss das Urteil nicht durch das Bundesverfassungsgericht überprüft werden, wie von der Senatsinnenverwaltung zuvor behauptet. Zur Begründung hieß es, das Landesverfassungsgericht sei mit seinem Votum nicht von der bisherigen Rechtssprechung der Karlsruher Richter abgewichen.