Erfurt (epd). Zeitarbeitsfirmen müssen einem höchstrichterlichen Urteil zufolge bei der Berechnung von Zuschlägen für Mehrarbeit auch Urlaubszeiten berücksichtigen. Sieht ein Tarifvertrag ab einer festgelegten Anzahl an Arbeitstagen und geleisteten Stunden Mehrarbeitszuschläge vor, dürften Urlaubstage nicht zum Wegfall des Anspruchs führen, urteilte am Mittwoch das Bundesarbeitsgericht (BAG) in Erfurt zum Manteltarifvertrag für die Zeitarbeit. (AZ: 10 AZR 210/19)
Nach den tariflichen Regelungen konnten Leiharbeiter einen Mehrarbeitszuschlag von 25 Prozent für Zeiten erhalten, die im jeweiligen Kalendermonat über eine bestimmte Anzahl an geleisteten Stunden hinausgehen. Hier hatte der aus dem Raum Dortmund stammende Kläger für den August 2017 erfolglos von seinem Arbeitgeber Mehrarbeitszuschläge verlangt.
Um den Zuschlag beanspruchen zu können, hätte der Beschäftigte an den 23 Arbeitstagen mehr als 184 Stunden arbeiten müssen. Der Kläger hatte im August 2017 allerdings zehn Tage Urlaub genommen, die der Arbeitgeber mit 84,7 Stunden abrechnete. An den verbliebenen 13 Tagen arbeitete der Beschäftigte 121,75 Stunden, durchschnittlich über neun Stunden je Arbeitstag. Weil die monatliche Arbeitszeit deutlich unter der tariflichen Grenze von 184 Stunden lag, erhielt er keine Mehrarbeitszuschläge.
Das BAG legte den Streit dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) zur Prüfung vor. Dieser urteilte am 13. Januar dieses Jahres, dass Urlaubstage nicht zu einer Kürzung oder zum Wegfall von Mehrarbeitszuschlägen führen dürften (AZ: C-514/20). Arbeitnehmer könnten sonst dazu verleitet werden, in Monaten, in denen sie Mehrarbeit geleistet haben, den ihnen zustehenden Urlaub nicht zu nehmen. Dies sei mit dem Ziel des EU-Rechts, die Ruhezeiten zu sichern und die Gesundheit zu schützen, nicht zu vereinbaren.
Das erneut mit dem Fall befasste BAG gab daraufhin dem klagenden Leiharbeiter recht. Die tarifliche Regelung müsse so ausgelegt werden, „dass bei der Berechnung von Mehrarbeitszuschlägen nicht nur tatsächlich geleistete Stunden, sondern auch Urlaubsstunden mitzählen“, ob der maßgebliche tarifliche Schwellenwert überschritten werde.