Mehr als ein Drittel der Studierenden von Armut bedroht

Mehr als ein Drittel der Studierenden von Armut bedroht
Knapp 40 Prozent der Studierenden in Deutschland können unerwartete größere Ausgaben nicht aus eigenen Mitteln bezahlen. Bei manchen geht die Hälfte ihrer Einnahmen für die Miete drauf. Und das ist das Bild vor der aktuellen Inflation.

Wiesbaden (epd). Mehr als ein Drittel der Studentinnen und Studenten in Deutschland waren im vergangenen Jahr armutsgefährdet. Wie das Statistische Bundesamt am Mittwoch in Wiesbaden mitteilte, lag der Anteil bei 37,9 Prozent. Insgesamt waren im vergangenen Jahr 15,8 Prozent der Bevölkerung in Deutschland von Armut bedroht.

Eine Person gilt der zugrunde gelegten Definition nach als armutsgefährdet, wenn sie über weniger als 60 Prozent des mittleren Einkommens der Gesamtbevölkerung verfügt. 2021 lag die Grenze laut Bundesamt für eine alleinlebende Person in Deutschland bei 15.009 Euro netto im Jahr oder 1.251 Euro im Monat.

Finanzielle Engpässe bei vielen Studierenden zeigen sich laut Bundesamt auch darin, dass nahezu zwei von fünf (38,5 Prozent) im Jahr 2021 und damit schon vor der aktuellen Energiepreiskrise in Haushalten lebten, die nicht in der Lage waren, unerwartete größere Ausgaben aus eigenen finanziellen Mitteln zu bestreiten. In der Gesamtbevölkerung war knapp ein Drittel (31,9 Prozent) finanziell nicht in der Lage, unerwartete größere Ausgaben zu bestreiten.

Das Bundesamt stützt seine Angaben auf Ergebnisse der europäischen Gemeinschaftsstatistik über Einkommen und Lebensbedingungen (European Union Statistics on Income and Living Conditions). Die Behörde gab ihre Ergebnisse zum Weltstudierendentag am Donnerstag bekannt.

Einengend wirken demnach auch die Ausgaben für das Wohnen. Im vergangenen Jahr habe der durchschnittliche Anteil der Wohnkosten am verfügbaren Haushaltseinkommen für Studierende bei knapp einem Drittel (31,6 Prozent) und damit deutlich über der Wohnkostenbelastung der Gesamtbevölkerung (23,3 Prozent) gelegen. Studierende, die allein oder in Studierenden-WGs lebten, gaben im Schnitt sogar gut die Hälfte (51,1 Prozent) ihres verfügbaren Einkommens für das Wohnen aus.

Die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) sprach von einer „dramatischen Entwicklung“ und forderte die Bundesregierung auf, das BAföG auf das steuerliche Existenzminimum von 1.200 Euro zu erhöhen sowie regelmäßig an die Steigerung der Lebenshaltungskosten anzupassen. Der stellvertretende Vorsitzende der Gewerkschaft, Andreas Keller, verlangte außerdem, die in Aussicht gestellte Energiepauschale von 200 Euro sofort auszuzahlen. Zudem mahnte er bei den beiden für Bildung und Bauwesen zuständigen Ministerinnen Bettina Stark-Watzinger (FDP) und Clara Geywitz (SPD) an, die Ausbildungsförderung zu reformieren sowie das Angebot an preisgünstigem, öffentlich gefördertem Wohnraum massiv auszuweiten.