Ernährungsexperte: "Hunger und Klima zwei Seiten derselben Medaille"

Ernährungsexperte: "Hunger und Klima zwei Seiten derselben Medaille"
15.11.2022
epd
epd-Gespräch: Mey Dudin

Scharm el Scheich (epd). Die aktuelle Diskussion über klimabedingte Schäden und Verluste ist nach Ansicht des Direktors des Berliner Büros des UN-Welternährungsprogramms (WFP), Martin Frick, auch ein „Zeichen des Scheiterns“ der internationalen Klimaschutzbemühungen. Dem Evangelischen Pressedienst (epd) sagte er am Dienstag bei der Weltklimakonferenz in Scharm el Scheich, er sei seit 15 Jahren in den Prozess involviert und habe gesehen, „wie das langsam die Treppe heruntergefallen ist“. Immerhin setze sich allmählich die Ansicht durch, dass „Hunger und Klima zwei Seiten derselben Medaille sind, sowohl beim Problem als auch bei der Lösung“.

Frick betonte, als bei den Klimakonferenzen anfangs über CO2-Minderung gesprochen wurde, habe es ein „permanentes Trommelfeuer“ gegeben, wo wissenschaftliche Tatsachen infrage gestellt worden seien. „Dadurch haben wir viel Zeit verloren.“ Dann sei irgendwann der Punkt gekommen, wo gesagt wurde: „Wir können den Klimawandel nicht aufhalten, wir müssen uns anpassen.“ Jetzt sei klar, dass auch mit Anpassung an die Erderwärmung etwa durch Deiche oder robuste Getreidesorten immer mehr „Klimaschocks“ Realität seien. Daher sei das Thema „Schäden und Verluste“ aufgekommen. „Es ist aber auch ein Gebot der Fairness, diese Schäden auszugleichen, die durch unsere gewaltigen Treibhausgasemissionen verursacht wurden.“

Der UN-Ernährungsexperte warnte, wenn das Kernproblem nicht gelöst werde und CO2-Emissionen aggressiv und schnell zurückgefahren würden, helfe auch kein Kompensationsmechanismus für Schäden und Verlusten mehr. Eine zentrale Rolle hätten hier - in puncto negative Emissionen - Landwirtschaft und Ernährung. So könne eine weltweit radikal umgebaute Landwirtschaft über Photosynthese mehr CO2 aus der Atmosphäre holen, wo es zu viel davon gibt, und dem Boden zuführen, wo es zu wenig davon gibt. „Und Experten für Photosynthese sind Bäuerinnen und Bauern“.

Frick wies darauf hin, dass Kleinbauern weltweit 80 Prozent der Hungernden ausmachten. Gleichzeitig stellten sie in Afrika noch immer 80 Prozent der Nahrung der Bevölkerung auf dem Kontinent her.