Düsseldorf (epd). Gewalt gegen Lehrerinnen und Lehrer gehört einer Umfrage der Bildungsgewerkschaft VBE zufolge mittlerweile zum Alltag vieler Schulen in Deutschland. Die Zahl der Schulen, an denen es in den letzten fünf Jahren Gewalt gegen Lehrkräfte und Schulleitungen gab, habe sich auf einem „besorgniserregenden Niveau“ eingependelt, sagte der Bundesvorsitzende des Verbandes Bildung und Erziehung (VBE), Udo Beckmann, am Freitag auf dem Deutschen Schulleiterkongress in Düsseldorf.
Der VBE stützt sich dabei auf eine neue Umfrage zur Berufszufriedenheit unter Schulleiterinnen und Schulleitern. 1.300 von ihnen wurden vom Meinungsforschungsinstitut forsa für die repräsentative Erhebung befragt. Demnach gab es bei zwei Drittel der befragten Schulen in den vergangenen fünf Jahren Fälle psychischer Gewalt in Form von Drohungen, Beleidigungen oder Belästigungen. Jeweils ein Drittel meldete zudem körperliche Angriffe auf Lehrkräfte sowie Cybermobbing.
Je nach Schulform fällt die beobachtete Gewalt unterschiedlich aus, wie es hieß. So gibt es laut Erhebung an den Förderschulen überdurchschnittlich viele Fälle von körperlicher Gewalt, während es an den Haupt-, Real- und Gesamtschulen sowie an den Gymnasien vermehrt zu Fällen von Cybermobbing kommt. Als Beschleuniger dieser Entwicklung sehen die befragten Schulleitungen die Corona-Pandemie. Es sei zu vielen Konfliktsituationen im Zusammenhang mit der Umsetzung der Corona-Hygienemaßnahmen bekommen, berichtete Beckmann.
Vor diesem Hintergrund ist die Zufriedenheit von Schulleitungen und Lehrkräften zuletzt deutlich gesunken: Der Erhebung zufolge verfünffachte sich in den vergangenen fünf Jahren die Zahl derer, die ihren Job nur noch ungern bis sehr ungern ausüben. Als belastend werden dabei vor allem der Lehrermangel und daraus resultierende Arbeitsbelastung sowie Zeitmangel genannt. Hinzu komme der schlechte Zustand vieler Gebäude, erklärte der VBE. Den Sanierungsstau an den Schulen beziffert der Verband auf bundesweit inzwischen 47 Milliarden Euro.
Als „skandalös“ sieht es der VBE-Bundesvorsitzende an, dass viele Schulleitungen sich beim Thema Gewalt laut Umfrage von der Politik im Stich gelassen fühlen. So habe rund ein Drittel angegeben, dass das jeweilige zuständige Schulministerium oder die örtliche Schulverwaltung das Thema nicht genügend ernst nehme oder - wie 19 Prozent berichten - die Meldung solcher Vorfälle gar nicht gewünscht sei. „Wenn Vorgesetzte sich der Gewalt gegen Lehrkräfte nicht ausreichend annehmen, ist das in meinen Augen schlicht ein Dienstvergehen“, kritisiert Beckmann.
Angesichts der zunehmenden Unzufriedenheit unter Lehrkräften und Schulleitungen warnte er vor einer Aushöhlung des Schulwesens: „Ohne Schulleitungen, die ihrem Job nicht gerne nachgehen und denen im Schulalltag genug zeitliche Ressourcen zur Verfügung stehen, kann Schule nicht funktionieren und sich weiterentwickeln.“ Der Verband Bildung und Erziehung vertritt nach eigenen Angaben die Interessen von rund 164.000 Pädagoginnen und Pädagogen im frühkindlichen Bereich, Primarstufe, in den Sekundarstufen I und II sowie in der Lehrerfortbildung.
„Die Arbeitsbedingungen müssen sich bessern, sonst verstärken wir den schon heute besorgniserregenden Schulleitungsmangel“, sagte auch der Vorsitzende des VBE in NRW, Stefan Behlau. Es sei „überfällig“, die Schulen zukunftsfest aufzustellen, sonst sei die Vermittlung von Bildung und Erziehung in Gefahr.