Köln (epd). Der ehemalige Vorsitzende des Deutschen Ethikrates, Peter Dabrock, hält das am Donnerstag vom Bundestag beschlossene Gesetz zur Regelung knapper medizinischer Behandlungsmöglichkeiten für verfassungsrechtlich problematisch. Das sogenannte Triage-Gesetz werde voraussichtlich „schon bald wieder beim Verfassungsgericht liegen“, prognostizierte der Professor für Systematische Theologie und Ethik an der Universität Erlangen-Nürnberg am Donnerstagabend im Deutschlandfunk.
Zur Begründung verwies Dabrock auf die erfolgreiche Klage von Behindertenverbänden vor dem Bundesverfassungsgericht, die zu der Neuregelung geführt habe. Das vom Parlament festgelegte Kriterium der kurzfristigen Überlebenschancen werde ihrem höchstrichterlich bestätigten Interesse nicht gerecht, bei der Entscheidung über die Aufteilung knapper medizinischer Behandlungsmöglichkeiten nicht benachteiligt zu werden.
Weil viele Menschen mit Behinderung noch Begleiterkrankungen hätten, seien ihre kurzfristigen Überlebenschancen vermutlich geringer, sagte der Theologie-Professor. Dabrock nannte die Sorgen der Verbände daher nachvollziehbar, „dass ein auch vom Verfassungsgericht nochmal unterstütztes Begehren ihrerseits ins Gegenteil verdreht“ werde.
Als klar verfassungswidrig bezeichnete der frühere Ethikrat-Vorsitzende die sogenannte Ex-post-Triage, bei der eine Behandlung von Patientinnen oder Patienten zugunsten anderer mit besserer Überlebenswahrscheinlichkeit abgebrochen wird. Diese Möglichkeit schließt das novellierte Gesetz aus.