Magdeburg (epd). Führende Vertreter der evangelischen Kirche haben am Wochenende für mehr kirchliche Unterstützung der Klimabewegung geworben. Der hannoversche Landesbischof Ralf Meister sagte in Magdeburg, die Kirche schulde dieser Bewegung die moralische Unterstützung. Das bedeute jedoch nicht, dass man alle Maßnahmen und Protestaktionen verteidigen müsse, sagte der Leitende Bischof der Vereinigten Evangelisch-Lutherischen Kirche Deutschlands (VELKD) bei der Jahrestagung der evangelischen Kirche mit Bezug auf Aktionen der „Letzten Generation“.
Die Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Annette Kurschus, sagte, sie habe ein gespaltenes Verhältnis zu den Klima-Protesten der „Letzten Generation“. Sie sei natürlich erschüttert, wenn Protestaktionen Menschen gefährdeten, sagte sie. Aber sie frage sich auch, wie verzweifelt diese jungen Menschen sein müssten, um solche radikalen Formen zu wählen. „Dass solche Aktionen jetzt gewählt werden, müsste uns als Gesellschaft aufrütteln“, sagte die westfälische Präses.
Die Präses der EKD-Synode, Anna-Nicole Heinrich, kündigte an, dass die Klimaaktivisten Aimée van Baalen von der „Letzten Generation“ im Lauf der Synodentagung bis Mittwoch Raum für einen Redebeitrag bekommen werde. Am Sonntag begann auch die Weltklimakonferenz im ägyptischen Scharm el Scheich.
Die „Letzte Generation“ hatte zuletzt mit Farbattacken auf Parteizentralen, Verkehrsblockaden durch Festkleben an Asphalt und Brei-Würfe auf Kunstwerke für Schlagzeilen gesorgt. Der bayerische Landesbischof Heinrich Bedford-Strohm, der Kurschus Amtsvorgänger ist, hatte die Proteste als „komplett kontraproduktiv“ abgelehnt.
Die Bischöfin der Nordkirche, Kristina Kühnbaum-Schmidt, plädierte für einen Begriffswandel: „Wir sollten nicht von Klimakrise, sondern von einer humanitären Krise sprechen.“ Meister sagte, wenn man die Phänomene einer Menschheitskrise sehe und die Stimme der jüngeren Generation höre, wisse man, dass sie das Recht für sich in Anspruch nehme, was auch andere Generationen für sich beansprucht hätten, als sie jung waren und Gewohnheiten des Systems radikal infrage stellten. Die junge Generation tue das heute wieder - in einer „radikalen Form der Anfrage, die adäquat ist zu den Herausforderungen, in der wir nicht nur als Gesellschaft, sondern als Menschheit stehen“.
Meister sagte, Vergleiche etwa von Aktivisten der „Letzten Generation“ mit der linksterroristischen RAF seien nicht hilfreich. Sie leisteten einer möglichen Radikalisierung sogar Vorschub.
Melissa Streicher von der evangelischen Jugend der Nordkirche sagte, die Klimabewegung brauche auch Räume in der Kirche. Es brauche auch mehr Begegnung auf Augenhöhe, verlangte sie von den Kirchenleitenden. „Wir schaffen es nicht alleine“, sagte sie angesichts der Herausforderungen durch den Klimawandel. „Wir sind eben nur ein Teil der Gesellschaft.“
Die 128 Delegierten der EKD-Synode beraten noch bis Mittwoch in Magdeburg über Klimaschutz, Aufarbeitung sexualisierter Gewalt und evangelische Friedensethik angesichts des Ukraine-Kriegs.