Berlin, Düsseldorf (epd). Zur Unterstützung von Härtefällen in der Energiekrise soll nach Empfehlung der Expertenkommission für Gas und Wärme ein Soforthilfefonds eingerichtet werden. Die Fachleute übergaben am Montag in Berlin ihren Abschlussbericht im Bundeskanzleramt an Kanzler Olaf Scholz (SPD), Finanzminister Christian Lindner (FDP) und Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne), wie die Kommission mitteilte. Scholz kündigte an, das Bundeskabinett werde sich am Mittwoch mit der Umsetzung der Vorschläge befassen.
Laut Bericht soll dabei Verbrauchern unabhängig davon geholfen werden, welchen Energieträger sie nutzen. Den Fonds solle es vom 1. Januar 2023 bis zum 30. April 2024 geben. Vor allem soll sich die Maßnahme den Angaben zufolge an Haushalte mit unteren und mittleren Einkommen richten, die durch die hohen Preise überfordert werden. Grundlage dafür sollen das Einkommen und die Höhe der Energiekosten sein. Auch Vermieter, die für ihre Mieter bei extremen Preissteigerungen für Gas und Fernwärme in Vorleistung gingen, könnten eine zinslose „Liquiditätshilfe“ bekommen.
Für soziale Dienstleister, wie etwa Krankenhäuser oder Pflegeeinrichtungen, solle es ebenfalls einen Hilfsfonds geben, hieß es, ohne dass Details genannt wurden. Empfohlen wird ferner ein Kündigungsmoratorium: Privathaushalten soll demnach mindestens ein halbes Jahr Zeit gewährt werden, um Energieschulden zu begleichen.
In ihrem Zwischenbericht hatte die Kommission vor drei Wochen bereits eine Deckelung des Gaspreises auf zwölf Cent pro Kilowattstunde vorgeschlagen. Weil sich dies voraussichtlich aber erst im nächsten Frühjahr umsetzen lässt, die hohen Energiepreise aber schon jetzt deutlich zu Buche schlagen, regten die Expertinnen und Experten zudem eine Einmalzahlung für Dezember in der Höhe des monatlichen Abschlags an.
Der Hilfsfonds des Bundes müsse durch entsprechende Fonds der Länder ergänzt werden, forderte die Präsidentin der Caritas, Eva Maria Welskop-Deffaa. Denn Kitas oder Einrichtungen der Eingliederungshilfe würden durch die Gaspreisbremse nicht ausreichend entlastet. Zudem müsse es weiter Anreize zum Energiesparen geben.
Auch der Paritätische Gesamtverband befürchtet, landes- und kommunalfinanzierte Einrichtungen würden von dem Fonds nicht erreicht. Ohne konkrete Finanzspritzen drohe aber „der Kahlschlag bei der sozialen Infrastruktur“, sagte Werner Hesse, der Geschäftsführer des Verbands.
Es sei nicht nachvollziehbar, warum die Kommission die verpflichtende Abschlagszahlung im Dezember nur für Eigentümerinnen und Eigentümer, nicht aber für Mieterinnen und Mieter empfehle, kritisierte die Vorständin des Verbraucherzentrale-Bundesverbands, Ramona Pop. Als soziale Komponente sei der Vorschlag der Kommission sinnvoll, dass die Entlastungen versteuert werden müssten, allerdings erst ab einem Einkommen ab 72.000 Euro. Aus Sicht der Verbraucherzentrale wäre ein ausgezahlter Pro-Kopf-Betrag der bessere Weg gewesen, um Haushalte zu entlasten und zugleich Energie zu sparen.
Der stellvertretende Fraktionsvorsitzende der SPD im Bundestag, Matthias Miersch, sagte der in Düsseldorf erscheinenden „Rheinischen Post“ (Dienstag), auch der Preisanstieg bei anderen Energieträgern wie Öl müsse im Parlament beraten werden. Es gelte aber, Überförderungen zu vermeiden. Zudem dürften Unternehmen staatliche Hilfe nur im Gegenzug zu Standortgarantien erhalten.
Klaus Ernst, Abgeordneter der Linken im Bundestag, lobte gleichfalls, dass die Preisbremse für die Industrie an Auflagen gebunden sein soll. Er begrüßte auch den Vorschlag der Kommission, sowohl ein Mindeskontingent als auch eine Obergrenze einzuführen. „Die Obergrenze muss sichern, dass nicht der privat beheizte Pool einer Villa subventioniert wird“, sagte Ernst.