Nach 320 Jahren: Magdeburger Dom erhält erstmals neue Glocke

Nach 320 Jahren: Magdeburger Dom erhält erstmals neue Glocke
Zwölf Glocken umfasste einst das Geläut des Magdeburger Domes, vier sind im Laufe der Zeit übrig geblieben. Der Domglocken-Verein will die Glockentürme wieder komplettieren - und übergab am Sonntag den ersten Glocken-Neuguss seit 320 Jahren.
30.10.2022
epd
Von Oliver Gierens (epd)

Magdeburg (epd). Ein Musiker singt den Namen der neuen Glocke des Magdeburger Doms und improvisiert auf dem Saxofon zu ihrem Schlag: Es ist ein besonderer Anlass an diesem Sonntag vor dem Reformationsfest. Zum ersten Mal seit 320 Jahren erhält das Magdeburger Wahrzeichen eine neue Glocke.

Fast sechs Tonnen wiegt die „Amemus“ (deutsch: „Lasst uns lieben“), und mit über zwei Metern Durchmesser hat sie einen dunklen, charakteristischen Klang auf die Note g 0. Rund 240.000 Euro hat der Neuguss gekostet, hergestellt in der Glockengießerei Bachert in Neunkirchen bei Heidelberg.

Zwölf Glocken umfasste einst das Domgeläut, nur vier Glocken sind im Laufe der Jahrhunderte übrig geblieben. Drei hängen derzeit im Nordturm, die vierte mit dem Namen „Dominica“ (Sonntag) wurde 2019 auf Initiative des privaten Fördervereins Domglocken Magdeburg e.V. restauriert. Sie wird - genau wie die neue Glocke - bis zur Sanierung des Glockenstuhls im Kirchenschiff des Domes ausgestellt.

Vier Glocken - das sei für ein Wahrzeichen wie den Magdeburger Dom viel zu wenig, befand auch der Landesbischof der Evangelischen Kirche in Mitteldeutschland (EKM), Friedrich Kramer, in seinem Grußwort beim Festakt. Seit gut vier Jahren sammelt der 2018 gegründete Domglocken-Verein daher Spenden und wirbt Zuwendungen ein - und das mit Erfolg, wie der Vereinsvorsitzende Andreas Schumann im Gespräch betont.

Neben der „Amemus“ sei bereits eine weitere Glocke gegossen, fünf weitere sollen im kommenden Jahr folgen. Der rund 220 Mitglieder starke Verein hat dafür nach eigenen Angaben bislang über 600.000 Euro bereitgestellt. Unterstützung erhält er unter anderem von der Ostdeutschen Sparkassenstiftung und der Sparkasse Magdeburg.

Das Engagement stößt in der Politik auf große Anerkennung. „Sie haben ein Beispiel gegeben, wie man begeistern und motivieren kann“, sagte Sachsen-Anhalts Ministerpräsident Reiner Haseloff (CDU) in seinem Grußwort: „Dieser Dom ist ein besonderer Ort für Deutschland und Europa.“ Magdeburg sei durch Otto den Großen die Wiege der deutschen Nation, aber auch Europas.

Die Magdeburger Oberbürgermeisterin Simone Borris (parteilos) sagte, sie sei allen dankbar, „die dafür sorgen, dass dieses Wahrzeichen der Stadt erhalten und weiter verschönert wird.“ Dass es in gut vier Jahren geschafft worden sei, genügend Spendengelder für die neuen Glocken zusammenzutragen, verdiene Respekt und Hochachtung.

Bis die neuen Glocken ihren Platz in den beiden Domtürmen einnehmen können, wird allerdings noch Zeit ins Land gehen. Denn erst müssen Nord- und Südturm saniert werden. Das Projekt sei im Hinblick auf Zeitplan und Kosten „außerordentlich ambitioniert“, teilte die Kulturstiftung Sachsen-Anhalt als Eigentümerin des Domes auf Anfrage mit. Zurzeit müsse von mindestens drei Millionen Euro ausgegangen werden. Für jeden der Türme werde eine reine Bauzeit von zwei Jahren veranschlagt.

Erst danach kann der Domglocken-Verein seine Arbeit vollenden. Dann will er die zwölfte und letzte Glocke anschaffen, die „Credamus“ („Lasst uns glauben“). Mit einem Gewicht von rund 14 Tonnen und einem Durchmesser von gut 2,8 Metern wäre sie nach dem „Dicken Pitter“ im Kölner Dom die zweitgrößte Kirchenglocke Deutschlands. Rund 500.000 Euro soll sie kosten.