Frankfurt a.M. (epd). Für den „Judensau“-Kläger Michael Düllmann ist die Entscheidung des evangelischen Gemeinderats zum Verbleib der Wittenberger Schmähplastik an der Stadtkirche keine Überraschung. Er sei nicht überrascht, sagte er dem evangelischen Monatsmagazin „chrismon“. Ihm sei aber nicht klar, warum der Kirchenvorstand eine Expertenkommission eingeladen habe, wenn er dessen Empfehlung dann doch nicht folge.
Der Gemeindekirchenrat hatte am Mittwoch bekannt gegeben, dass die judenfeindliche Plastik an der Fassade der evangelischen Stadtkirche Wittenberg verbleiben soll. Ein Expertenrat indes hatte im Juli nach zweijähriger Arbeit empfohlen, die „Judensau“ zu entfernen und andere Formen der Erinnerung zu ermöglichen.
Düllmann fordert die Abnahme der „Judensau“ und ihre Überstellung in ein Museum. „Am besten ins Lutherhaus, wo auch die Kanzel, von der Luther Antisemitismus predigte, und Luthers antisemitische Originalschriften sind“, sagte Düllmann in dem am Donnerstag online veröffentlichten Interview. An der Kirche sei die „Judensau“ Teil kirchlicher Verkündigung. „Und es ist doch ganz klar, dass dieses Schmähwerk nur diesen Zweck hat: Antisemitismus zu verkünden. Mit der Kirche als Megafon.“
Der Bundesgerichtshof hatte nach Düllmanns Klage im Juni geurteilt, das Relief dürfe trotz des antijüdischen Inhalts an seinem historischen Ort verbleiben (AZ: VI ZR 172/20). In der Begründung hieß es, dass die Gemeinde sich durch die 1988 eingelassene Bodenplatte und einem erklärenden, einordnenden Text auf einem Aufsteller ausreichend von dem Relief distanziert habe.