Kinderschutzbund startet Kampagne gegen psychische Gewalt

Kinderschutzbund startet Kampagne gegen psychische Gewalt
Emotionale Gewalt gegen Kinder hat gravierende Folge - oft bis weit ins Erwachsenenalter. Der Deutsche Kinderschutzbund hat deshalb eine Kampagne zur Prävention gestartet, auch mit Social-Media-Aktionen und Fachveranstaltungen.

Berlin (epd). Beleidigungen, Drohungen, Missachtung: Psychische Gewalt gegen Kinder ist dem Deutschen Kinderschutzbund zufolge weit verbreitet, obwohl sie einen gesetzlichen Anspruch auf eine gewaltfreie Erziehung haben. Am Weltkindertag am Dienstag hat der Verband eine Aufklärungskampagne unter dem Motto „Gewalt ist mehr, als Du denkst“ gestartet. „Emotionale Gewalt zerstört Kinderleben“, heißt es in einem Film, der dazu in Berlin präsentiert wurde.

Emotionale Gewalt habe ebenso starke Auswirkungen wie andere Formen der Gewalt, sagte Bundesfamilienministerin Lisa Paus (Grüne): „Und das ein Leben lang.“ Auch das Miterleben von häuslicher Gewalt zwischen Eltern sei emotionale Gewalt, betonte sie. Überdies müsse bei Fragen des Sorge- und Umgangsrechts für Minderjährige der Schutz vor Gewalt sichergestellt werden. „Die Interessen der Kinder brauchen mehr Aufmerksamkeit“, sagte Paus: „Kinderrechte müssen im Vordergrund stehen, an jedem Tag im Jahr.“

Vielen Menschen sei nicht bewusst, dass das gesetzliche Recht auf gewaltfreie Erziehung nicht nur den Verzicht auf körperliche Bestrafungen umfasse, betonte der Präsident des Kinderschutzbundes, Heinz Hilgers. Psychische Gewalt werde oftmals bagatellisiert oder gar nicht erst wahrgenommen, hieß es. „Wer sein Kind tagelang ignoriert, es von seinen Freundinnen oder Freunden isoliert oder es demütigt, der übt Gewalt aus“, betonte Hilgers: „Seelische Verletzungen gehören leider für viele Kinder zum Alltag, sei es im Elternhaus, aber auch in Kita oder Schule.“

Ziel der Kampagne sei auch, schwere körperliche und sexualisierte Gewalt zu verhindern, sagte Hilgers. Denn diesen Gewaltformen gehe oft lange anhaltende emotionale Gewalt voraus. Betroffene Kinder seien zudem häufig verschiedenen Gewaltformen gleichzeitig ausgesetzt, sagte der Präsident des Kinderschutzbundes: „Eigentlich gibt es keine andere Gewaltform ohne emotionale Gewalt.“

Im vergangenen Jahr wurden den Jugendämtern in Deutschland laut Kinderschutzbund rund 59.000 Fälle von Kindeswohlgefährdungen bekannt. In knapp der Hälfte der Fälle (45 Prozent) sei eine Kindesvernachlässigung festgestellt worden, hieß es. An zweiter Stelle hätten mit 18 Prozent psychische Misshandlungen wie Demütigungen, Einschüchterung, Isolierung und emotionale Kälte gestanden. In 13 Prozent der Fälle seien Kinder von körperlichen Misshandlungen betroffen gewesen, in vier Prozent der Fälle von sexueller Gewalt.

Die Gesellschaft müsse sich darüber klar sei, dass Strafrecht, Polizei, Jugendämter und Gerichte immer zu spät am Zug seien, weil Gewalttaten dann schon verübt wurden, sagte Hilgers. Prävention müsse deshalb an anderen Stellen wie der Sensibilisierung für emotionale Gewalt ansetzen. Die Justiz müsse zudem stärker auf das Wohl der Kinder Rücksicht nehmen. Dass Familiengerichte Gewalttätern noch immer ein Umgangsrecht mit ihren Kindern einräumten, mache „fassungslos“.

Die Kampagne unter anderem mit Aktivitäten auf Social-Media-Kanälen, Fortbildungen und Fachveranstaltungen soll im kommenden Jahr weiterlaufen. Dann ist auch eine Plakatkampagne in der Öffentlichkeit geplant.