Frankfurt a.M., Abuja (epd). Nigeria entschädigt 74 Opfer von Polizeigewalt. Insgesamt umgerechnet rund 670.000 Euro würden vom Staat dafür zur Verfügung gestellt, berichtete die nigerianische Zeitung „The Guardian“ am Donnerstag. Die Zahlungen für verschiedene Verbrechen wie Folter, entwürdigende Behandlung, willkürliche Festnahmen und außergerichtliche Hinrichtungen seien rein symbolisch, erklärte die für die Entschädigung zuständige Nationale Menschenrechtskommission in der Hauptstadt Abuja. Sie könnten die Taten keinesfalls ausgleichen.
Täter waren Angehörige einer inzwischen aufgelösten Polizeieinheit zur Bekämpfung von Raubüberfällen (Sars). Die Brutalität dieser Einheit führte im Oktober 2020 zu landesweiten Protesten, bei denen mehr als 60 Menschen getötet wurden. Der International Strafgerichtshof in Den Haag hatte daraufhin angekündigt, Ermittlungen zu prüfen.
Es war die zweite und letzte Auszahlung für Sars-Opfer. Laut der Zeitung „Vanguard“ waren die ersten Entschädigungen in Höhe von insgesamt umgerechnet 340.000 Euro im Dezember an 27 Opfer oder Hinterbliebene ausgezahlt worden. Insgesamt waren demnach 297 Anträge eingegangen.
Von den 74 Opfern, die nun entschädigt wurden, wurden den Berichten zufolge 25 von der Polizei ohne juristisches Verfahren hingerichtet. Andere seien verschleppt, gefoltert, illegal verhaftet und lange inhaftiert worden. Auch wegen der illegalen Beschlagnahmung von Eigentum wurden einige Personen entschädigt. 58 Polizeiopfern wurde ihre Zahlung in einer Zeremonie überreicht, in anderen Fällen würden die Familienangehörigen kontaktiert.
Menschenrechtsorganisationen wie Amnesty International werfen den nigerianischen Sicherheitskräften seit Jahren unangemessene Gewaltexzesse vor. Nach den Ausschreitungen Ende 2020 wurden auf nationaler und regionaler Ebene Untersuchungskommissionen eingerichtet. Laut der nigerianischen Zeitung „Premium Times“ fehlten dem Gremium jedoch ausreichende Mittel. Auch eine tiefgreifende Reform der Sicherheitskräfte, wie sie in den Protesten gefordert und von den Behörden versprochen wurden, hat bislang nicht stattgefunden.