Karlsruhe (epd). Der Erzbischof von Canterbury, Justin Welby, hat vor einer Vertiefung des Hasses zwischen den Kriegsparteien in der Ukraine gewarnt. Die Menschen in dem angegriffenen Land erlebten, wie ihre Städte zerstört würdem, ihre Familien und Freunde litten und schauten zahllosen Beerdigungen der Getöteten zu, sagte der anglikanische Geistliche dem Evangelischen Pressedienst (epd) während der Vollversammlung des Weltkirchenrates in Karlsruhe.
„Je länger der Krieg dauert, desto verbitterter werden die Menschen“, erklärte der Brite. Alle Kriege nährten sich selbst, solange sie andauerten. Die Ukraine kämpfe einen gerechten Krieg, weil sie sich gegen die Aggression Russlands zur Wehr setze. Welby unterstrich, dass die Kirche von England, deren geistliches Oberhaupt er ist, keine offizielle Position zu Waffenlieferungen an die Ukraine habe.
Mit Blick auf die umfangreichen Waffenlieferungen seines Heimatlandes Großbritannien an die Ukraine betonte er, die Entscheidungen darüber müsse die Politik fällen. Nichtpolitiker und Nichtmilitärs müssten vorsichtig sein, wenn sie den überfallenen Ukrainern sagten, sie müssten sich auf sich selbst verlassen. Das sei eine unethische Position.
„Wenn man den Frieden erhalten will, muss man zeigen, dass man in der Lage ist, mit Angriffen umzugehen“, unterstrich der Erzbischof. Man müsse ebenso zeigen, dass man letztlich den Frieden will. Man müsse sich auch realistisch mit der Motivation der Menschen im Krieg auseinandersetzen.
Welby erinnerte daran, dass er kurz nach Beginn der russischen Invasion ein Video-Gespräch mit dem Moskauer Patriarchen Kyrill hatte. Darin habe er auf einen Waffenstillstand und einen Rückzug gedrängt, um Verhandlungen über einen gerechten Frieden zu ermöglichen. Zu aktuellen Bemühungen, den Krieg im Osten Europas zu beenden, wollte sich Welby nicht äußern. Kyrill unterstützt den russischen Angriffskrieg, der mit dem Einmarsch am 24. Februar begann.
Als Erzbischof von Canterbury ist Welby das geistliche Oberhaupt der Kirche von England sowie als „Primus inter pares“ symbolisches Oberhaupt der 165 Länder umspannenden anglikanischen Kirchengemeinschaft. Die Residenz des Erzbischofs ist in London.