Karlsruhe (epd). In Karlsruhe beginnt an diesem Mittwoch die 11. Vollversammlung des Ökumenischen Rates der Kirchen (ÖRK). Erstmals in der über 70-jährigen Geschichte des Weltkirchenrates tagt dessen höchstes Gremium in Deutschland. An dem bis 8. September dauernden Ökumene-Gipfel wollen etwa 4.000 Gäste aus rund 120 Ländern teilnehmen. Zur Eröffnung wird Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier erwartet.
Neun Tage lang wollen Delegierte aus den Weltkirchen neben religiösen Themen aktuelle Zeitfragen wie die Folgen des Ukraine-Kriegs, der Corona-Pandemie und des Klimawandels besprechen. Das etwa alle acht Jahre stattfindende Event steht unter dem Motto „Die Liebe Christi bewegt, versöhnt und eint die Welt“. Zuletzt fanden ÖRK-Vollversammlungen in Simbabwe (1998), Brasilien (2006) und Südkorea (2013) statt.
An dem Ökumene-Gipfel will auch eine Delegation der russisch-orthodoxen Kirche und eine Delegation aus der Ukraine teilnehmen. Die russisch-orthodoxe Kirche mit mehr als 160 Millionen Mitgliedern ist seit 1961 ÖRK-Mitglied. Forderungen nach einem Ausschluss wegen des russischen Angriffskrieges auf die Ukraine wurden bislang abgelehnt. Man setze auf Dialog, so der Weltkirchenrat.
Ein weiteres mögliches Streitthema ist der Nahost-Konflikt. Der Weltkirchenrat steht seit Jahren in der Kritik, einseitig Partei für die Palästinenser zu ergreifen. Beobachter erwarten, dass insbesondere von den Kirchen Südafrikas Signale kommen werden, Israel zum Apartheid-Staat zu erklären. Davor haben unter anderem kirchliche Antisemitismus-Beauftragte und christlich-jüdische Verbände wiederholt gewarnt.
Weiteres Konfliktpotenzial liegt in ethischen Fragen, etwa was den Umgang mit Homosexualität oder der Ordination von Frauen ins geistliche Amt angeht.
Die Vollversammlung findet auf Einladung der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), der Evangelischen Landeskirche in Baden, der Arbeitsgemeinschaft Christlicher Kirchen in Deutschland (ACK), der Union der Protestantischen Kirchen von Elsass und Lothringen und der Evangelisch-reformierten Kirche Schweiz statt. „Was wir in diesem Jahr in Karlsruhe erleben werden, ist ein historisches Ereignis“, erklärte die EKD-Ratsvorsitzende Annette Kurschus.
Der Ökumenische Rat der Kirchen mit Sitz in Genf, auch als Weltkirchenrat bekannt, ist eine Gemeinschaft von 352 Kirchen, die nach eigenen Angaben weltweit über 580 Millionen Christinnen und Christen vertritt. Die katholische Kirche ist kein ÖRK-Mitglied, arbeitet aber mit dem Weltkirchenrat zusammen und sendet Beobachter nach Karlsruhe.