Salzgitter (epd). Wildpilze in Süddeutschland können auch 36 Jahre nach der Atomkatastrophe von Tschernobyl oberhalb des Grenzwertes mit radioaktivem Cäsium belastet sein. Das Cäsium stamme hauptsächlich aus dem Reaktorunfall im Jahr 1986, erklärte das Bundesamt für Strahlenschutz am Montag in Salzgitter. Ein geringer Anteil gehe auf die oberirdischen Kernwaffentests der 1950er und 1960er Jahre zurück.
Für Pilze, die in den Handel kommen, gilt ein Grenzwert von 600 Becquerel Cäsium-137 pro Kilogramm Frischmasse. Wer Pilze für den eigenen Verzehr sammele, könne den Pilzbericht ihrer Behörde zur Orientierung nutzen, sagte Bundesamtspräsidentin Inge Paulini. Der Bericht zeige, welche Speisepilzarten hohe Cäsium-Werte aufweisen könnten und welche Regionen Deutschlands vom Reaktorunfall von Tschernobyl besonders betroffen seien. „In diesen Gebieten - etwa dem Bayerischen Wald, dem Alpenrand und dem Donaumoos südwestlich von Ingolstadt - sollte man selbst gesammelte Pilze nur in Maßen verzehren, um eine unnötige Strahlenbelastung zu vermeiden“, empfiehlt Paulini.
Der Pilzbericht fasst die Untersuchungsergebnisse der Jahre 2019 bis 2021 zusammen. Besonders hohe Werte bis über 4.000 Becquerel Cäsium-137 pro Kilogramm Frischmasse wiesen in diesem Zeitraum Semmelstoppelpilze und Rotbraune Semmelstoppelpilze auf. Über 1.000 Becquerel pro Kilogramm lagen die Messwerte von verschiedenen Schnecklingsarten, Gelbstieligen Trompetenpfifferlingen, Gemeinen Rotfußröhrlingen, Maronenröhrlingen, Mohrenkopfmilchlingen, Ockertäublingen, Rotbraunen Scheidenstreiflingen, Seidigen Ritterlingen, Violetten Lacktrichterlingen und Ziegenlippen.
Zuchtpilze wie Champignons und Austernseitlinge wurden für den Bericht nicht untersucht. Ihr Cäsium-137-Gehalt sei äußerst gering und mit dem anderer landwirtschaftlicher Produkte vergleichbar, hieß es.