Frankfurt a.M. (epd). Fast zwei Wochen nach ihrer Rettung dürfen die 87 Flüchtlinge auf der „Sea-Eye 4“ in Sizilien an Land. Die italienischen Behörden hätten der Besatzung nach vielen nervenzehrenden Tagen den Hafen von Pozzallo zum Anlanden zugewiesen, erklärte die Organisation Sea-Eye am Donnerstagabend. Die Crew hatte die Menschen am 31. Juli aus ihrem überfüllten Holzboot in der maltesischen Rettungszone aus Seenot gerettet. Insgesamt hätten die Geflüchteten 14 Tage auf See ausgeharrt.
„Es ist unerträglich, dass die Unfähigkeit der EU, sich auf funktionierende Verteilungsmechanismen zu einigen, erneut auf dem Rücken von schutzsuchenden Menschen ausgetragen wurde!“, erklärte die Organisation. In jüngster Zeit dauert es wieder länger, bis die privaten Seenotretter die Menschen an Bord zu einem sicheren Hafen bringen können. Im Mittelmeer gibt es keine staatlich organisierte Rettungsmission. Nur private Helferinnen und Helfer halten Ausschau nach Geflüchteten in Seenot.
Da Malta seit Monaten eine Anlandung von Rettungsschiffen verweigert, nimmt nur Italien im Mittelmeer gerettete Flüchtlinge auf. Dort sind allerdings viele Erstaufnahmeeinrichtungen, wie beispielsweise auf Lampedusa, regelmäßig überfüllt. Innerhalb der EU gibt es immer wieder Streit darüber, welche Länder wie viele von ihnen aufnehmen, um Italien zu entlasten.
Die Rettungsorganisation Sea-Watch kritisierte am Freitag die Vorgehensweise Maltas scharf. In den vergangenen zwei Tagen habe die Besatzung des Beobachtungsfliegers „Seabird“ zahlreiche Flüchtlingsboote gesichtet und die maltesischen Behörden alarmiert. „Doch Malta verletzt ein weiteres Mal seine Pflicht zu Retten und Seenotfälle in seiner Such- und Rettungszone zu koordinieren.“ Dabei sei es in drei Fällen um Leben und Tod gegangen. Drei Boote hätten zu kentern gedroht.
Dank des Segelschiffs „Astral“ der spanischen Rettungsorganisation Open Arms, die über Stunden vor Ort geblieben sei, habe eine Tragödie verhindert werden können, als eines der Boote tatsächlich kenterte, erklärte Sea-Watch. „Jedes dieser drei Boote zu retten war die Pflicht Maltas.“ Dass Malta Menschen auf der Flucht nicht rette, sei ein zutiefst rassistisches und menschenverachtendes Verhalten.
Derweil begleitete das Segelschiff „Nadir“ von Resqship 121 Menschen in einem überfüllten Holzboot nach Lampedusa, nachdem die Crew die Insassen mit Rettungswesten versorgt hatte. Das Boot sei bei Wellen von einem Meter stark kentergefährdet gewesen, erklärte die deutsche Beobachtungsorganisation am Freitag. Der Alarmruf an die zuständigen Behörden sei über Stunden ignoriert worden.
Die Überfahrt über das Mittelmeer gilt als eine der gefährlichsten Fluchtrouten der Welt. Nach Angaben der Internationalen Organisation für Migration (IOM) sind dabei in diesem Jahr bislang mindestens 1.080 Menschen gestorben oder werden vermisst. Die Dunkelziffer dürfte weitaus höher liegen.