Studie: Langzeitarbeitslose begrüßen Hartz-IV-Reform

Studie: Langzeitarbeitslose begrüßen Hartz-IV-Reform
Unter Langzeitarbeitslosen herrschen unterschiedliche Werte und auch ihr Gerechtigkeitsempfinden unterscheidet sich. Das zeigt eine Studie des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung und der Ruhr-Universität Bochum.

Berlin, Bochum (epd). Die geplante Reform des Arbeitslosengelds II findet einer Studie zufolge Zustimmung unter vielen Langzeitarbeitslosen. Die Betroffenen begrüßten die Aussicht auf höhere Regelsätze und bessere Möglichkeiten zum Hinzuverdienst, ergab die am Mittwoch in Berlin vorgestellte Studie des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) und der Ruhr-Universität Bochum.

Demnach befürworten 89 Prozent der befragten Leistungsbeziehenden die geplante Erhöhung des Regelsatzes. 74 Prozent sprachen sich für bessere Hinzuverdienstmöglichkeiten aus. Deutlich geringer fällt hingegen die Zustimmung zur Abschaffung aller Sanktionen aus: 53 Prozent der Befragten finden sie „sehr gut“ oder „eher gut“ - die andere Hälfte von ihnen ist unentschieden oder dagegen.

Dies zeige, dass Langzeitarbeitslose keine homogene Gruppe mit einheitlichen Werten und Gerechtigkeitsempfindungen seien, sagte Rolf Heinze von der Ruhr-Universität. 65 Prozent der Befragten sind der Meinung, viele Empfängerinnen und Empfänger von Hartz IV nutzten das System aus. Zugleich schämten sich 42 Prozent dafür, Hartz IV zu erhalten.

Ein ähnlich hoher Anteil (41 Prozent) engagiert sich der Befragung zufolge ehrenamtlich. Gut ein Drittel verdient sich etwas hinzu. Dies sei ein Hebel, um die soziale Teilhabe Langzeitarbeitsloser zu verbessern, sagte Jürgen Schupp vom DIW: „Ihnen könnten die Jobcenter beispielsweise durch gezielte Angebote und höhere anrechnungsfreie Aufwandsentschädigungen entgegenkommen.“

Der Paritätische Wohlfahrtsverband sah sich durch die Studie in seiner Forderung nach einer deutlichen Anhebung der Regelsätze bestätigt. Die angekündigte Erhöhung müsse sich daran messen lassen, ob sie hoch genug sei, um wirksam vor Armut zu schützen, sagte Ulrich Schneider, Hauptgeschäftsführer des Verbandes. Mindestens 200 Euro mehr pro Kopf und Monat seien dafür nötig.

Nach Plänen der Bundesregierung soll ein sogenanntes Bürgergeld zum Jahreswechsel Hartz IV ablösen. Geplant ist unter anderem ein höherer Regelsatz, ein höheres Schonvermögen sowie eine „Vertrauenszeit“ von sechs Monaten ab Beginn des Bezugs des Bürgergelds, in denen Jobcenter keine Sanktionen verhängen dürfen.

DIW und Ruhr-Universität hatten zwischen März und Mai 2022 an den Jobcentern Bochum, Dortmund, Duisburg, Essen, Gelsenkirchen, Oberhausen, Recklinghausen und im Ennepe-Ruhr-Kreis 563 Langzeitarbeitslose telefonisch befragt. Diese acht Jobcenter, die auch Auftraggeber der Studie waren, sind für knapp 29 Prozent aller registrierten Langzeitarbeitslosen in Nordrhein-Westfalen zuständig, was deutschlandweit 9,5 Prozent entspricht.