Menschenrechtlerin Rudolf: Bachelet-Nachfolge vor Bewährungsprobe

Menschenrechtlerin Rudolf: Bachelet-Nachfolge vor Bewährungsprobe
02.08.2022
epd
epd-Gespräch: Jan Dirk Herbermann

Berlin, Genf (epd). Wer künftig an der Spitze des UN-Hochkommissariats für Menschenrechte steht, muss sich aus Sicht der Menschenrechtsexpertin Beate Rudolf in einer Zeit der großen Umbrüche bewähren. „Die neue Hochkommissarin oder der neue Hochkommissar muss entschieden die Menschenrechte gegen Angriffe verteidigen, denn besonders die Großmächte Russland und China untergraben und attackieren immer stärker die bislang erreichte internationale Ordnung“, sagte die Direktorin des Deutschen Instituts für Menschenrechte dem Evangelischen Pressedienst (epd).

Die Amtszeit der amtierenden Menschenrechtskommissarin Michelle Bachelet läuft Ende August aus. Die Nachfolge soll das Amt in Genf ab 1. September übernehmen.

Die Truppen des russischen Präsidenten Wladimir Putin verübten offensichtlich schwerste Kriegsverbrechen wie das gezielte Feuern auf Zivilisten, Folter und Verschleppung, sagte Rudolf. Das UN-Hochkommissariat, das eine Untersuchungskommission unterstützt, müsse weiter seinen Beitrag dazu leisten, dass die Verantwortlichen zur Rechenschaft gezogen werden können. Auch China warf sie vor zu versuchen, Menschenrechte wie die Meinungsfreiheit zu beseitigen. Stattdessen propagiere das Land ein Konzept, das dem Staat völlig freie Hand lasse und unabhängige Kontrolle sowie internationale Kritik unmöglich mache.

Die noch amtierende Hochkommissarin Bachelet war für eine Reise nach China in die Kritik geraten. Mit Blick auf ihren Rückzug erläuterte Rudolf das Spannungsverhältnis auf dem Posten. „Die Hochkommissarin muss die Menschenrechtsverletzungen in Ländern wie China auch öffentlich ansprechen und gleichzeitig muss sie die Kooperationsbereitschaft von Regierungen für die Wahrung der Menschenrechte wecken.“

Grundsätzlich sei es gut gewesen, dass Bachelet China im Mai besucht hat. „Die Regierung in Peking hat die Hochkommissarin jedoch regelrecht vorgeführt, und Bachelet übernahm teilweise Pekings Sprachregelung.“ Bachelet habe es versäumt, die Unterdrückung von Minderheiten wie den muslimischen Uiguren klar zu verurteilen. „Das war ein großes Versäumnis“, sagte Rudolf.

Auch hätte die Hochkommissarin vorab Gegenleistungen für ihren Besuch erreichen müssen, beispielsweise eine Zusage, dass die unabhängigen Experten der UN jederzeit nach China reisen dürfen. Der missratene China-Besuch gilt als der Grund, weshalb sich Bachelet nicht für eine zweite vierjährige Amtszeit bewarb.

Rudolf forderte auch mehr Geld für das Menschenrechtskommissariat. Es stünden nur sieben Prozent des regulären UN-Haushalts dafür zur Verfügung.