Berlin (epd). Rund fünf Wochen vor Auslaufen des 9-Euro-Tickets bleibt ungewiss, ob es ein Nachfolgeangebot geben wird. Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) lehnt eine weitere Finanzierung des Tickets oder einer Nachfolgeregelung strikt ab. SPD-Chefin Saskia Esken dagegen sieht das FDP-geführte Verkehrsministerium in der Pflicht, einen Vorschlag für die Weiterentwicklung des günstigen Angebots vorzulegen. Grüne und Linke fordern, zur Finanzierung einer Nachfolgelösung „umweltschädliche Subventionen“ wie das sogenannte Dienstwagenprivileg zu beschneiden.
Das 9-Euro-Monatsticket für den öffentlichen Personennahverkehr soll nach bisheriger Planung Ende August auslaufen. Es gibt jedoch zahlreiche Vorschläge für eine Verlängerung. Der Verband Deutscher Verkehrsunternehmen etwa hat ein 69-Euro-Ticket ins Gespräch gebracht.
Lindner sagte den Zeitungen der Funke Mediengruppe (Samstag), das 9-Euro-Ticket sei eine befristete Maßnahme, genau wie der Tankrabatt. „Deshalb sind im Bundeshaushalt weder eine Fortsetzung des Tankrabatts noch Mittel für eine Anschlussregelung für das 9-Euro-Ticket vorgesehen.“ Beim Ticket finanzierten Steuerzahler ein nicht kostendeckendes Angebot im öffentlichen Personennahverkehr. Das Konzept überzeuge ihn nicht. „Jedenfalls könnte der Bund es nicht bezahlen, da im Jahr 2023 die Schuldenbremse wieder eingehalten werden muss.“
Verkehrsminister Volker Wissing (FDP) hatte kürzlich das 9-Euro-Ticket als „fulminanten Erfolg“ bezeichnet und für eine große ÖPNV-Reform plädiert. Eine Nachfolgeregelung für das Ticket sieht Wissing allerdings als Ländersache.
SPD-Chefin Esken sagte den Zeitungen der Funke Mediengruppe (Sonntag), die Erfahrungen mit dem 9-Euro-Ticket sollten nun ausgewertet werden, um ein Konzept für einen attraktiven, einfachen und bezahlbaren ÖPNV zu entwickeln. Wissing und sein Ministerium müssten nun zügig mit den Ampel-Fraktionen und den Bundesländern ins Gespräch gehen und einen geeigneten Vorschlag für die Weiterentwicklung vorlegen.
„Das 9-Euro-Ticket ist ein voller Erfolg und hat gezeigt, wie groß der Bedarf an einfachen und kostengünstigen Angeboten im öffentlichen Personennahverkehr ist“, betonte Esken. Anders als der Tankrabatt sei das eingesetzte Geld für diese Entlastungsmaßnahme voll bei den Bürgerinnen und Bürgern angekommen.
Auch Grünen-Chefin Ricarda Lang bezeichnete das Ticket als Erfolg. Eine Anschlussregelung müsse gefunden werden, twitterte sie. Bei der Suche nach Finanzierungsmöglichkeiten „stehen wir natürlich jederzeit für Gespräche über die Streichung von umweltschädlichen Subventionen bereit“, erklärte sie.
Ihr Parteifreund Oliver Krischer, Verkehrsminister in Nordrhein-Westfalen, schlug in diesem Zusammenhang die Beschneidung des sogenannten Dienstwagenprivilegs vor. „Derzeit subventionieren wir schwere Spritschlucker, die das Klima belasten, weil Unternehmer Fahrzeugkosten in unbegrenzter Höhe als Betriebsausgaben geltend machen können“, sagte Krischer der Düsseldorfer „Rheinischen Post“ (Samstag). „Das muss sich in Zukunft am CO2-Ausstoß orientieren.“
Auch Linken-Parteichefin Janine Wissler forderte den Abbau steuerlicher Vorteile für Dienstwagen, um ein Nachfolgeangebot für das 9-Euro-Ticket zu bezahlen. „Die bestehende Subvention dicker Dienstwagen, die am meisten den Besserverdienenden nützt und dem Klima schadet, könnte man beenden, und das Geld für die Finanzierung günstiger Ticketpreise nutzen“, sagte Wissler dem „Redaktionsnetzwerk Deutschland“ (Samstag). Sie plädierte für die Einführung eines 365-Euro-Jahrestickets für den öffentlichen Nahverkehr.
Der parlamentarische Geschäftsführer der Unionsfraktion im Bundestag, Thorsten Frei, sprach sich für Investitionen in den Nahverkehr statt einer Fortsetzung des 9-Euro-Tickets aus. Es gebe nicht das Problem, dass man die Menschen im Nahverkehrsbereich wegen zu hoher Kosten entlasten müsse, sagte der CDU-Politiker dem „RedaktionsNetzwerk Deutschland (Samstag). “Sehr viel klüger" sei es, in den Ausbau der Nahverkehrsinfrastruktur zu investieren, damit man zusätzliche Fahrgäste pünktlich zum Ziel bringen könne.