Heute Dekan, morgen Bischof: Ernst-Wilhelm Gohl, zuletzt Leiter des Kirchenbezirks Ulm und Pfarrer am Ulmer Münster, wird an diesem Sonntag (24.7.) als neuer Bischof der Evangelischen Landeskirche in Württemberg eingesetzt. Er ist erst eine Woche vor Amtsantritt aus seinem Dekanat verabschiedet worden. Viel Zeit zur Vorbereitung auf die neue Aufgabe blieb da nicht.
Erste Dinge sind dennoch schon zu regeln. So hat sich Gohl für Kirchenrat Jan-Peter Grevel als seinen persönlichen Referenten entschieden. Auch die Antrittsbesuche müssen koordiniert sein. Der neue Bischof plant eine Visite bei Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne), zudem bei der evangelischen Kollegin in Karlsruhe, Heike Springhart, sowie bei den katholischen Bischöfen Gebhard Fürst (Rottenburg-Stuttgart) und Stephan Burger (Freiburg).
Was dagegen in diesem Jahr wohl nicht mehr klappen wird, ist der Umzug ins Stuttgarter Bischofshaus. Dort sind so viele Umbaumaßnahmen erforderlich, dass der 59-jährige Theologe und seine Frau noch etwas Geduld brauchen, bis sie auf der Stuttgarter Gänsheide einziehen können.
Weiß, wie Kirchenleitung funktioniert
Gohl war im März von der Landessynode nach fünf Wahlgängen zum Nachfolger von Frank Otfried July gewählt worden, der nach 17 Jahren in den Ruhestand geht. Wie Kirchenleitung funktioniert, weiß der künftige Bischof aus verschiedenen Bezügen. 15 Jahre lang arbeitet er in der Landessynode mit, die über kirchliche Gesetze und die Verwendung der Kirchensteuermittel in Württemberg entscheidet. Als Dekan stand er in engem Kontakt mit den Ortsgemeinden und kennt deren unterschiedliche Situationen recht genau.
Der designierte Bischof stammt aus einem evangelischen Pfarrhaus. Er ließ sich im Zivildienst zum Rettungsassistenten ausbilden, bevor er zum Theologiestudium nach Tübingen, Bern und Rom ging. Pfarrstellen hatte er in Böblingen und Plochingen inne, bevor er 2006 Dekan in Ulm wurde. Gohl ist mit einer Apothekerin verheiratet und Vater von zwei inzwischen erwachsenen Kindern. Zu seinen härtesten Lebenserfahrungen gehört der Tod eines Sohns, der im Alter von dreieinhalb Jahren verunglückte.
Weltoffen und reformbereit
Als Leiter des evangelischen Kirchenbezirks in Ulm geriet der künftige Bischof immer wieder in die Schlagzeilen. So erhielt er Drohungen und Hassmails, weil er eine Corona-Impfaktion im Ulmer Münster initiiert hatte. Seine Unterstützung der Entscheidung, die Ulmer Weihnachtskrippe nicht mehr öffentlich auszustellen, weil die Figur des schwarzen Königs rassistisch dargestellt sei, sorgte für aufgeregte Debatten.
Vor der Wahl hatte Gohl geäußert, er halte es im Fall seiner Wahl zum Bischof für eine vordringliche Aufgabe, gerade distanzierte Kirchenmitglieder zu überzeugen, warum es wichtig und gut sei, der Kirche anzugehören. Gesellschaftliche Veränderungen - etwa der demografische Wandel und der Dialog der Religionen - müssten nicht bedrohlich sein. "Eine Kirche in der Tradition der Reformation geht solche Veränderungsprozesse zuversichtlich an", sagte er. Die Zusammenarbeit mit der Evangelischen Landeskirche in Baden sollte seiner Ansicht nach "beherzt" ausgebaut werden, wo es dem kirchlichen Auftrag dienlich sei.
Seine erste Auslandsdienstreise wird ihn im kommenden Jahr nach Georgien führen. Dort wird in Tiflis der Württemberger Rolf Bareis als Bischof der kleinen lutherischen Kirche des Landes ins Amt eingesetzt. Zu Gohls eigener Einsetzung am kommenden Sonntag haben sich zahlreiche Ehrengäste angekündigt, darunter Ministerpräsident Kretschmann und mehrere Bischofskollegen, etwa aus Tansania John Lupaa von der Rift-Valley-Diözese.