Berlin (epd). Die belarussische Oppositionspolitikerin Swetlana Tichanowskaja hat die Bundesregierung zur Unnachgiebigkeit gegenüber dem russischen Präsidenten Wladimir Putin aufgerufen. Es dürfe kein „Appeasement“ geben, sagte sie bei einer Ansprache in der Gedenkstätte Berlin-Plötzensee, wo am Mittwoch an die Hitler-Attentäter vom 20. Juli 1944 erinnert wurde. Dieser Fehler dürfe bei Putin nicht wiederholt werden, fügte Tichanowskaja mit Blick auf die einst von den Briten geprägte Politik hinzu, Adolf Hitler zum Friedenserhalt weitgehende territoriale Zugeständnisse zu machen. „Diktaturen gedeihen, wenn Demokratien nicht aufpassen“, betonte sie.
Die belarussische Oppositionsführerin würdigte die Courage der Menschen, die im kleinen und im großen gegen Hitler gekämpft haben. Sie hätten mit ihren mutigen Handlungen die Menschheit geschützt. Dann sprach sie von Tausenden ihrer Landsleute, die aus politischen Gründen im Gefängnis seien. Ihnen sei die Stimme geraubt worden, daher spreche sie in ihrem Namen. „Zivilcourage ist zeitlos“, betonte sie. Die Courage einiger weniger könne den Weg zum Frieden für alle ebnen. Und der Freiheitskampf bestehe aus vielen kleinen Aktivitäten der Menschlichkeit und des Muts.
Tichanowskaja war 2020 als Präsidentschaftskandidatin gegen den Machthaber und Putin-Verbündeten Alexander Lukaschenko angetreten, nachdem ihr Mann nicht kandidieren durfte und inhaftiert wurde. Sie lebt im Exil. Gemeinsam mit zwei weiteren Bürgerrechtlerinnen aus dem autoritär regierten Belarus ist sie vor einem Monat in Aachen mit dem Internationalen Karlspreis geehrt worden. Die Oppositionsführerin und ihre Mitstreiterinnen Maria Kolesnikowa und Veronika Zepkalo erhielten die renommierte Auszeichnung für ihren Einsatz für Freiheit, Demokratie und Menschenrechte.
Am 20. Juli 1944 war der Sprengstoffanschlag einer Gruppe deutscher Offiziere um Claus Schenk Graf von Stauffenberg auf Hitler gescheitert. In den folgenden Stunden und Tagen wurden er und weitere rund 200 Mitwisser und Angehörige hingerichtet. Viele andere wurden verhaftet und in Konzentrationslager verschleppt.
An der zentralen Gedenkveranstaltung des Bundes und der Stiftung 20. Juli 1944 nahmen auch Verteidigungsministerin Christine Lambrecht (SPD) und Bundestagspräsidentin Bärbel Bas (SPD) teil.