Mainz (epd). Das rheinland-pfälzische Landeskriminalamt (LKA) hat nach eigenen Angaben keine Hinweise darauf, dass sich der frühere Landrat des Kreises Ahrweiler, Jürgen Pföhler (CDU), während der Flutnacht im Ahrtal am Kampf gegen die Katastrophe beteiligt hat. Durch die Auswertung von Verbindungsdaten und Zeugenaussagen ergebe sich der Eindruck, der Politiker habe in der Nacht des 14. Juli 2021 sich selbst in Sicherheit gebracht und außerdem einige Nachbarn gewarnt, sagte ein Ermittler am Freitag im Untersuchungsausschuss des rheinland-pfälzischen Landtags. Pföhler selbst verweigerte erwartungsgemäß die Aussage ebenso wie seine Ehefrau.
Am Abend der Flut und in der Nacht habe sich der Landrat vermutlich nur zu zwei Terminen kurz in der Kreisverwaltung aufgehalten, berichtete der LKA-Beamte. Wo er die restliche Zeit verbrachte, ist bislang nicht restlos geklärt. Die Staatsanwaltschaft ermittelt gegen den 64-Jährigen wegen des Verdachts der fahrlässigen Tötung. Der Ex-Landrat kam am späten Nachmittag in Begleitung seines Anwalts in den Ausschuss und machte nur wenige Angaben zur Person. Nach wenigen Minuten verließ er den Sitzungssaal wieder.
Eine weitere Bekannte, mit der der Landrat nach Auswertung der Verbindungsdaten in der Katastrophennacht in engem Austausch stand und die deshalb ebenfalls in den Ausschuss geladen wurde, hatte sich kurzfristig krankgemeldet. Wie die „Rheinpfalz“ unter Berufung auf staatsanwaltschaftliche Unterlagen berichtet hatte, soll sie eine „romantische Beziehung“ zu dem Politiker unterhalten. Pföhler schrieb ihr in der Flutnacht dramatische Mitteilungen von Toten und von Menschen, die sich auf Dächer geflüchtet hätten: „Unser Haus ist geflutet. Ich bin am Ende.“
Am Abend der Flut habe Pföhler offenbar zunächst nicht einmal versucht, Kontakt zu den Verbandsgemeinden am Oberlauf der Ahr aufzunehmen, in denen sich zu diesem Zeitpunkt bereits dramatische Szenen abspielten, berichtete der LKA-Beamte. Nachbarn des Landrats bestätigten im Ausschuss, dass sie am Abend vom Landrat persönlich aufgefordert wurden, ihre Häuser zu verlassen - zeitlich teils deutlich mehr als eine Stunde, bevor eine allgemeine Anordnung zur Evakuierung in Flussnähe veröffentlicht wurde, die viele Flutopfer überhaupt nicht mehr erreichte. Im Laufe des späten Abends habe es dann zahlreiche Versuche des Landrats gegeben, verschiedene Personen telefonisch zu erreichen, was zumeist nicht mehr gelungen sei.
Der Landkreis Ahrweiler ließ in der Nacht den Katastrophenfall erst kurz vor Mitternacht ausrufen. Zu diesem Zeitpunkt waren zahlreiche Ortschaften bereits komplett überflutet, Straßen dorthin unterbrochen und das Telefonnetz weitgehend zusammengebrochen. Die meisten der insgesamt 134 Todesopfer forderte die Flut jedoch am Unterlauf der Ahr in der Kreisstadt Bad Neuenahr-Ahrweiler und in Sinzig vor der Mündung der Ahr in den Rhein.