Naumburg (epd). Die Drohung, dem Naumburger Dom den Unesco-Weltkulturerbe-Status zu entziehen, stößt in der evangelischen Kirche auf Unverständnis. Hier habe der Denkmalschutz den Tourismus, aber nicht die lebendige Kirchengemeinde im Blick, sagte der Regionalbischof des Propstsprengels Halle-Wittenberg, Johann Schneider, am Freitag in Naumburg dem Evangelischen Pressedienst (epd). Zudem würde die Debatte nur auf Grundlage eines Votums des Internationalen Rates für Denkmalpflege (Icomos) geführt, dem noch nicht einmal ein Beschluss der Unesco-Kommission vorausgegangen sei.
Objekt des Streits ist der wieder aufgestellte Marienaltar im Westchor des Doms. Fast 500 Jahre nach dem Verlust der Mariendarstellung in der Mitte des Kunstwerks von Lucas Cranach dem Älteren (1472-1553) sind die beiden originalen Altarflügel nun durch ein neues Mittelteil sowie einen Sockel ergänzt worden. Das neue Bild stammt vom Leipziger Künstler Michael Triegel.
Die Vereinigten Domstifter zu Merseburg und Naumburg bestätigten Medienberichte über eine mögliche Aberkennung des 2018 zuerkannten Weltkulturerbe-Status. Die Aufstellung störe nach Einschätzung der Unesco wesentliche Merkmale des Welterbes im Dom, wie etwa den unverstellten Blick auf die berühmten zwölf Stifterfiguren. Ein entsprechender Brief sei Anfang Juli bei der Staatskanzlei in Magdeburg eingegangen.
Schneider betonte, die Argumentation sei nicht nachvollziehbar. Immerhin sei der Westchor der ursprüngliche Platz des mittelalterlichen Kunstwerks vor seiner teilweisen Zerstörung im 16. Jahrhundert gewesen.