Hochwasser-Seelsorger: Jetzt brauchen viele Helfer Hilfe

Hochwasser-Seelsorger: Jetzt brauchen viele Helfer Hilfe
07.07.2022
epd
epd-Gespräch: Claudia Rometsch

Bad Neuenahr (epd). Ein Jahr nach der Flutkatastrophe brauchen laut dem evangelischen Pfarrer und Seelsorger Bernd Bazin zunehmend auch die Helfer im Ahrtal Hilfe. Vor allem Menschen, die im Verlauf des Jahres als Intensivhelfer tätig waren, benötigten nun vermehrt Unterstützung, berichtete der Leiter der Hochwasserseelsorge der Diakonie Katastrophenhilfe an der Ahr dem Evangelischen Pressedienst (epd).

Viele Betroffene hätten zugleich anderen geholfen und seien doppelt belastet worden, erklärte Bazin. Zugleich träten ein Jahr nach der Katastrophe auch verstärkt diejenigen Helfer in den Fokus der Seelsorger, die von auswärts an die Ahr gekommen seien. „Derzeit erleben wir eine Reihe von Helfer-Abschieden, die teilweise sehr dramatisch sind“, berichtete der Seelsorger.

Viele auswärtige Dauer-Helfer seien in Branchen wie dem Messebau oder dem Eventmanagement tätig gewesen, die während der Corona-Pandemie brach lagen, erklärte Bazin. Diese Menschen hätten in dem Jahr nach der Flut hohe Kompetenzen beim Aufbau provisorischer Lösungen bewiesen und an der Ahr viel geleistet. Einige von ihnen hätten in ihrer Rolle eine tiefe Sinnerfahrung gemacht und dies als Lebensmodell für sich entdeckt, erklärte der Seelsorger.

„Jetzt aber kippt die Situation“, sagte Bazin. Vielerorts seien nun die Handwerker gefragt, und die Helfer verlören nach und nach ihre Rolle. „Das löst dann bei diesen Menschen teilweise eine Krise aus.“

Es gebe aber nach wie vor auch Hochwasser-Opfer, die ohne Hilfe geblieben seien. „Wir haben immer noch Erstbegegnungen mit Menschen, die bislang durchs Raster gefallen und unversorgt sind“, berichtete Bazin. Bei manchen liege das daran, dass sie schon vor der Flut wenig sozial eingebunden gewesen seien. Andere seien inzwischen „mit den Nerven am Ende, weil sie immer noch auf der Ebene des elementaren Überlebens kämpfen“. Eine Reihe Betroffener wisse zum Beispiel noch nicht, ob ihr Haus abgerissen werden müsse. Viele litten auch unter Verzögerungen bei der finanziellen Hilfe und den Versicherungsleistungen.

Bei der Hochwasserkatastrophe im Juli 2021 waren in Deutschland mehr als 180 Menschen gestorben. Am schwersten betroffen waren Rheinland-Pfalz und Nordrhein-Westfalen.