UN-Experte Gowan: Ukraine-Krieg hat Auswirkungen auf Hunger in Syrien

UN-Experte Gowan: Ukraine-Krieg hat Auswirkungen auf Hunger in Syrien
07.07.2022
epd
epd-Gespräch: Jan Dirk Herbermann

Genf (epd). Der Angriffskrieg Russlands in der Ukraine hat aus Sicht des für die Vereinten Nationen tätigen Politikberaters Richard Gowan auch gravierende Auswirkungen auf die Versorgung hungernder Menschen in Syrien. „Die Vetomacht Russland könnte im UN-Sicherheitsrat in letzter Minute noch etliche Bedingungen für eine Fortsetzung der grenzüberschreitenden Hilfslieferungen aus der Türkei in den Nordwesten Syriens stellen“, sagte Gowan dem Evangelischen Pressedienst (epd).

Gowan, der Direktor der Crisis Group für UN-Angelegenheiten, gilt als einer der führenden Experten im Dienste der Weltorganisation. Im Jahr 2021 hätten die USA und Russland noch recht konstruktiv über grenzüberschreitende Hilfe verhandelt, sagte er. Seit der Invasion der Truppen des russischen Präsidenten Wladimir Putin in der Ukraine im Februar dieses Jahres aber gebe es kaum noch bilaterale Kontakte zu diesem Thema. Die Beziehungen zwischen beiden Ländern seien wegen des Kriegs in der Ukraine zusammengebrochen.

Der UN-Sicherheitsrat werde bald über die Verlängerung des Mandats abstimmen, das am 10. Juli ausläuft. Es erlaubt den UN-Organisationen, Hilfsgüter über einen Grenzübergang mit der Türkei in das von Rebellen kontrollierte Idlib im Nordwesten Syriens zu liefern.

Nach Berechnungen der Vereinten Nationen sind fast zweieinhalb Millionen Menschen auf diese Lebensader für Lebensmittel und andere Güter angewiesen. „Seit 2019 versucht Russland, der Verbündete des syrischen Regimes, das Mandat einzuschränken“, sagte Gowan. Moskau argumentiere, dass die UN aus Respekt vor Syriens Souveränität mit Damaskus zusammenarbeiten sollte.

„Meines Erachtens unterstützen die meisten Mitglieder des UN-Sicherheitsrats mit Ausnahme von China und Russland eine Verlängerung des grenzüberschreitenden Mandats“, sagte Gowan. China werde in dieser Frage wahrscheinlich dem Beispiel Russlands folgen.

Der Konflikte in Syrien begann 2011 mit Protesten gegen das Regime von Präsident Baschar al-Assad. Terrorgruppen und Rebellen eroberten weite Teile des Landes. Mit militärischer Hilfe Russlands und Irans gelang es Assad, die meisten Gebiete wieder unter Kontrolle zu bringen.