Frankfurt a.M., Khartum (epd). Das Militär im Sudan will den Weg für eine zivile Regierung freimachen. Das kündigte Machthaber General Abdel Fattah al-Burhan am Montagabend in einer Fernsehansprache an, wie der sudanesische Exilsender Radio Dabanga berichtete. Die Armee werde eine demokratische Transition zulassen, die in Wahlen münden solle. Das Militär ziehe sich dafür aus den Verhandlungen über die Zukunft des Sudan zurück, die unter Vermittlung der UN, der Afrikanischen Union (AU) und des regionalen Staatenbundes Igad stattfinden sollen. Einen Zeitplan nannte der General nicht.
Nach Einschätzung der Sudan-Expertin Marina Peter ist die Ankündigung ein taktisches Manöver. „Das Militär nimmt dadurch den Druck raus und erweckt den Eindruck, als habe es die Forderungen der Straße erfüllt“, sagte die langjährige Beraterin von „Brot für die Welt“ dem Evangelischen Pressedienst (epd). Doch von dem, was ihre Quellen sagten, werde das neu zu gründende Militärgremium nicht nur wie angekündigt für die Sicherheit zuständig sein, sondern auch für die Zentralbank und Teile der Außenpolitik. „Aber eine zivile Regierung ist komplett handlungsunfähig, wenn sie keine Kontrolle über die Finanzen, die Sicherheit und womöglich Teile der Außenpolitik hat.“ Zugleich würde eine zivile Regierung dem Militär den Zugang zu Hilfsgeldern sichern, die westliche Industrienationen nach dem Militärputsch eingefroren haben.
Al-Burhan begründete seinen Schritt mit der aktuellen Krise, die die Einheit des Landes bedrohe und den gewünschten Übergang zur Demokratie aufs Spiel setze. Im Sudan demonstriert die Bevölkerung seit Jahren für eine Demokratisierung. Zunächst führte das zum Sturz von Langzeitherrscher Omar Al-Baschir 2019 durch die Armee und nährte Hoffnung auf eine Verbesserung der Lage. Doch das Militär setzte im vergangenen Oktober eine unter internationaler Vermittlung gebildete Regierung aus Zivilisten und Armeeangehörigen wieder ab. Seitdem mehren sich trotz der blutigen Reaktion des Militärs die Proteste, bei denen laut Ärzten aus der Protestbewegung mehr als 110 Menschen getötet wurden.
Die von UN, AU und Igad vermittelten Verhandlungen haben sich bislang verzögert. Sie sollen eine breite Beteiligung der Bevölkerung ermöglichen. Doch mehrere wichtige Gruppen der Demokratiebewegung, darunter die an der ersten Übergangsregierung beteiligten „Kräfte für Freiheit und Wandel“ (FFC) haben sich bislang geweigert, sich mit dem Militär an einen Tisch zu setzen. Laut Expertin Peter ist die Zivilgesellschaft aber aufgrund des Taktierens der Armee tief gespalten. „Es wird sehr schwierig, eine stabile Übergangsregierung mit allen wichtigen Kräften zu bilden.“ Und dann komme dieser Regierung die Aufgabe zu, ein völlig zerrüttetes und in einer schweren Wirtschaftskrise steckendes Land unter den Bedingungen nach vorne zu bringen.
Al-Burhan ging in seiner Rede auch auf eine Hauptforderung der Demokratiebewegung nach einem Ende der Straflosigkeit für das Militär ein. Er drückte sein Bedauern über die Opfer auf allen Seiten aus und versprach, Armee und Sicherheitskräfte würden Untersuchungen unterstützen, die zur Bestrafung der Verantwortlichen führen. Auch diese Ankündigung sieht Peter skeptisch, weil das Militär in den vergangenen Monaten zahlreiche gefährliche Islamisten aus den Gefängnissen freigelassen habe. „Viele Stimmen sagen, dass das Militär mit diesem Manöver alles erreicht, was mit dem Coup angestrebt war.“