Braunschweig, Duisburg (epd). Drei wissenschaftliche Institutionen in Deutschland wollen künftig das Ausmaß und die Hintergründe von Schändungen jüdischer Friedhöfe untersuchen. Bundesweit gibt es rund 2.400 jüdische Friedhöfe, wie der niedersächsische Landesbeauftragte gegen Antisemitismus und für den Schutz jüdischen Lebens, Franz-Rainer Enste, erläuterte. Sie bildeten ein außerordentliches religiöses und kulturelles Erbe.
Die niedersächsische Auftaktveranstaltung für das Forschungsprojekt fand nach Angaben der Initiatoren Ende Juni in Braunschweig statt. Eine weitere Auftaktveranstaltung in Bayern folgt am 12. Juli.
Beteiligt an dem Projekt „Net Olam - Jüdische Friedhöfe im Fokus von Antisemitismus und Prävention“ sind die Forschungsstelle „Bet Tfila“ für jüdische Architektur in Europa an der Technischen Universität Braunschweig, das Salomon Ludwig Steinheim-Institut für deutsch-jüdische Geschichte an der Universität Duisburg-Essen und das Bayerische Landesamt für Denkmalpflege. Bisher seien Übergriffe auf jüdische Friedhöfe selten Gegenstand der Forschung, hieß es.
Enste betonte, Schändungen jüdischer Friedhöfe seien keine „Dummejungen-Streiche“, sondern antisemitische Handlungen: „Friedhöfe sollten grundsätzlich mit Achtsamkeit und Respekt besucht werden - vor allem jüdische Friedhöfe, deren Bewahrung vor dem Hintergrund der dunklen deutschen Geschichte eine immanent wichtige Rolle der Erinnerungskultur einnimmt.“
Das Projekt will deutschlandweit die Schäden und die daraus resultierenden materiellen wie immateriellen Folgen erfassen und einen möglichst genauen Überblick dazu erstellen. Dazu soll ein Netzwerk aus Gemeinden, Verbänden, Initiativen und Einzelpersonen aufgebaut werden, die sich den Schutz der oft jahrhundertealten Friedhöfe zum Ziel gesetzt haben. Vielerorts seien die jüdischen Friedhöfe die einzige noch sichtbare Erinnerung an ehemals jüdisches Leben, hieß es.
Die Grabstätten gelten nach den jüdischen Religionsgesetzen als unantastbar. Schändungen jeglicher Art wiegen deshalb besonders schwer. Antisemitische Übergriffe verletzten nicht nur die Totenruhe, sondern richten sich gegen die jüdische Bevölkerung als Ganzes.