Theologe plädiert für neue Modelle der Kirchenmitgliedschaft

Theologe plädiert für neue Modelle der Kirchenmitgliedschaft
01.07.2022
epd
epd-Gespräch: Urs Mundt

Isernhagen (epd). Angesichts beschleunigt sinkender Kirchenmitgliederzahlen hat sich der Theologe Axel Denecke für neue Formen der Mitgliedschaft in der evangelischen Kirche ausgesprochen. „Das bisherige Mitgliedschaftsmodell mit automatischem Kirchensteuereinzug ist völlig veraltet und passt nicht mehr in unsere Zeit“, sagte der Pastor und Professor für Praktische Theologie dem Evangelischen Pressedienst (epd). „Wir müssen weg von der anonymen, unpersönlichen Verwaltungskirche hin zur an den Personen orientierten Mitgestaltung in einer Gemeindekirche.“ Als neue Formen schlug der 83-Jährige die Gemeindemitgliedschaft und eine Mitgliedschaft auf Probe vor.

Die Mitgliederzahlen der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) für 2021 zeigten, dass die Mitgliedschaft in der bisherigen Form für viele Menschen nicht attraktiv sei, sagte er. Der Statistik zufolge standen den rund 115.000 Taufen sowie 18.000 Aufnahmen etwa 280.000 Austritte gegenüber - ein neuer Höchststand.

„Viele Menschen möchten christlich leben und Gemeinde-Anbindung haben“, betonte Denecke. „Mit der großen Institution können sie sich aber oft nicht identifizieren.“ Für sie müsse die Kirche die Möglichkeit schaffen, zur Gemeinde zu gehören, ohne damit Mitglieder der übergeordneten Landeskirche zu werden. Zwar werde das ohne einen finanziellen Beitrag für die Gemeinde nicht funktionieren. „Ein solcher Beitrag wird sich aber für viele besser anfühlen als der anonyme Kirchensteuereinzug“, ist der evangelische Theologe überzeugt. Von dem Beitrag sollten die Gemeinden einen Teil den Landeskirchen für allgemeine, etwa diakonische Aufgaben zur Verfügung stellen. „Ich bin mir sicher, dass wir auf diesem Wege viele Austrittswillige in der Kirche halten können.“

Denecke plädierte außerdem für eine „Mitgliedschaft auf Probe“, eine zunächst auf drei Jahre begrenzte, aber verlängerbare Mitgliedschaft, welche die Taufe nicht voraussetze. Derzeit schrecke die Kirche viele Eintrittswillige ab, da sie von ihnen verlange, sich taufen zu lassen und ein Bekenntnis abzulegen. „Sie sollen also eine Lebensentscheidung treffen und alte Bekenntnistexte und Lehrsätze nachsprechen, mit denen selbst Theologen ihre Not haben.“ Damit setze die Kirche die Schwelle für Menschen, die mit Kirche und Christentum nicht aufgewachsen sind, viel zu hoch.

Denecke, der zunächst viele Jahre in der hannoverschen Landeskirche arbeitete, war von 1992 bis 2003 Hauptpastor an der St.-Katharinen-Kirche in Hamburg. 1995 ernannte ihn die Universität Hamburg zum Professor. Dort lehrte er bis 2003 Praktische Theologie.