Düsseldorf (epd). Familien mit niedrigem Einkommen tragen laut einer Studie der Hans-Böckler-Stiftung derzeit die höchste Inflationsbelastung, Alleinlebende mit hohem Einkommen die geringste. Die Schere bei den Belastungen hat sich noch einmal deutlich geöffnet, wie die gewerkschaftsnahe Stiftung am Montag in Düsseldorf mitteilte.
Im Mai seien die Preise gemessen am Vorjahr insgesamt um 7,9 Prozent gestiegen. Bezogen auf die für verschiedene Haushaltstypen repräsentativen Warenkörbe seien die Preise für Familien mit niedrigem Einkommen um 8,9 Prozent und für Alleinstehende mit hohem Einkommen um 6,5 Prozent gestiegen. Alleinerziehende und Familien mit zwei Kindern und jeweils mittleren Einkommen seien ebenfalls überdurchschnittlich von der Teuerung belastet. Für diese Haushalte betrug die Inflationsrate demnach im Mai 8,2 Prozent. Die Hans-Böckler-Stiftung ermittelt in ihrem sogenannten Inflationsmonitor monatlich die spezifischen Teuerungsraten für neun repräsentative Haushaltstypen.
Die unterschiedlichen Belastungen je nach Haushaltskonstellation und Einkommen bezeichnete die Stiftung als „sozial hoch problematisch“. Die Differenz sei mit 2,4 Prozentpunkten zwischen ärmeren Familien und wohlhabenden Alleinlebenden im Mai deutlich größer als in den Vormonaten und dreimal so hoch wie im Februar. „Das liegt daran, dass die stärksten Preistreiber - Haushaltsenergie, Kraftstoffe und zunehmend Lebensmittel - unterschiedlich stark durchschlagen“, erklärte die Stiftung. Dieser Trend könnte sich in den kommenden Monaten weiter verschärfen, warnte sie.
Besonders stark dürfte der Preisanstieg ausfallen, falls die Bundesnetzagentur im Rahmen des „Notfallplans Gas“ tatsächlich eine Knappheit bei den Gasimporten feststellen muss und den Versorgern erlaubt, die gestiegenen Bezugspreise unmittelbar an die Verbraucherinnen und Verbraucher weiterzugeben. „In diesem Fall könnten kurzfristig sogar Inflationsraten im zweistelligen Bereich erreicht werden“, prognostiziert der Wirtschaftsforscher Sebastian Dullien.
Besonders drastisch würde das wiederum Haushalte mit niedrigeren Einkommen treffen, weil Gas, Strom, Heizöl und Nahrungsmittel als Waren des Grundbedarfs bei ihren Ausgaben sehr stark ins Gewicht fielen, während sie bei Haushalten mit hohem Einkommen und insbesondere bei wohlhabenden Alleinlebenden einen deutlich kleineren Anteil des Warenkorbs ausmachen. Infolge des Ukrainekriegs und von weiterhin durch die Corona-Pandemie angespannten Lieferketten stiegen die Verbraucherpreise für alle Haushalte im Mai so stark wie seit der Ölkrise der 1970er Jahre nicht mehr.