Sea-Watch drängt auf Hafen für über 300 Gerettete

Sea-Watch drängt auf Hafen für über 300 Gerettete

Frankfurt a.M. (epd). Die Rettungsorganisation Sea-Watch hat eindringlich um einen Hafen für die mehr als 300 Flüchtlinge an Bord der „Sea-Watch 4“ gebeten. Ein Großteil der Menschen seien seit sieben Tagen auf dem Schiff, neun hätten aus medizinischen Gründen evakuiert werden müssen, erklärte die Organisation am Sonntag. Der jüngste der 304 Geretteten an Bord sei gerade ein Jahr alt. Die Crew bemühe sich um eine angemessene Versorgung. „Doch ein Schiff ist kein Ort, an dem das längerfristig möglich ist.“

Im Mittelmeer gibt es keine staatlich organisierte Seenotrettungsmission. Lediglich die Schiffe privater Organisationen halten Ausschau nach in Not geratenen Flüchtlingen und Migranten. Immer wieder dauert es viele Tage, bis die italienischen Behörden den Rettungsschiffen einen Hafen zuweisen. Malta gibt seit Jahren keine Erlaubnisse mehr.

Neben der „Sea-Watch 4“ sind derzeit noch weitere private Rettungsschiffe im Mittelmeer im Einsatz. Die „Ocean Viking“ der Organisation SOS Méditerranée rettete am Freitag 15 Menschen aus einem seeuntüchtigen Fiberglasboot vor der libyschen Küste, darunter sechs unbegleitete Minderjährige. Die vom Künstler Banksy unterstützte „Louise Michel“ nahm ebenfalls am Freitag 59 Menschen in Seenot an Bord. Das Segelschiff „Nadir“ der Organisation Resqship wartet mit 19 Geretteten an Bord auf die Zuweisung eines Hafens. Die Crew hatte die Menschen am Donnerstag aus einem überfüllten und manövrierunfähigen Holzboot an Bord genommen. Sie waren nach ihrer Flucht aus Libyen bereits drei Tage auf See gewesen. Da die „Nadir“ klein ist und vor allem zu Beobachtung eingesetzt wird, ist sie nicht dafür ausgelegt Gerettete über längeren Zeitraum an Bord zu behalten.

Das Mittelmeer zählt zu den gefährlichsten Fluchtrouten der Welt. Vor allem aus Libyen, wo Flüchtlingen und Migranten Folter und anderen Menschenrechtsverletzungen drohen, wagen viele Schutzsuchende die Überfahrt. Laut der Internationalen Organisation für Migration (IOM) sind seit Beginn dieses Jahres bislang 850 Menschen bei der Überfahrt ums Leben gekommen oder werden vermisst. Die Dunkelziffer dürfte weit höher liegen.