Berlin (epd). Der designierte Vorsitzende des Afghanistan-Untersuchungsausschusses, Ralf Stegner (SPD), sieht den Bundestag zur Aufklärung der Fehler beim deutschen Abzug aus Afghanistan verpflichtet. „Wie kam es zu den fragwürdigen Lageeinschätzungen, zur blitzschnellen Machtübernahme der Taliban und dem hastigen Abzug aus Afghanistan?“, fragte er am Donnerstag bei einer Rede im Parlament bei der ersten Beratung eines Antrags zur Einsetzung des Gremiums. „Der Bundestag hat die Pflicht, für eine transparente Aufklärung zu sorgen.“
Er wies darauf hin, dass neben SPD, Grünen und FDP auch die Union den Antrag unterstütze und es somit über die Fraktionsgrenzen hinweg Interesse an einer Untersuchung der Ereignisse bestehe. „Wir haben die Verantwortung zu klären, ob alles für unsere Bundeswehr und die Menschen vor Ort getan wurde“, betonte Stegner und fügte hinzu, es gehe „nicht primär um politische Schuldzuweisungen“ sondern darum, Fehler in der Zukunft zu vermeiden.
Die Einsetzung des Untersuchungsausschusses soll in der Sitzungswoche Anfang Juli und damit unmittelbar vor der parlamentarischen Sommerpause beschlossen werden. Dabei sollen insbesondere die Umstände untersucht werden, die dazu führten, dass eine militärische Evakuierungsmission zur Rettung zurückgelassener Menschen nötig wurde.
Nach der Machtübernahme der Taliban wurde Mitte August 2021 die Bundeswehr am Flughafen Kabul für eine internationale militärische Evakuierungsoperation eingesetzt, um deutsche Staatsangehörige sowie schutzbedürftige Afghaninnen und Afghanen auszufliegen. Die letzten deutschen Streitkräfte hatten bereits gut anderthalb Monate zuvor das Land verlassen - und viele afghanische Ortskräfte, die für die Bundeswehr und andere deutsche Institutionen gearbeitet hatten, zurückgelassen.
Dem Antrag zufolge soll unter anderem geklärt werden, wer in der Bundesregierung und in den zuständigen Behörden für die Beurteilung der Sicherheitslage sowie für den Abzug deutscher Streitkräfte und der afghanischen Ortskräfte zuständig war. Ferner soll untersucht werden, ob Notfallpläne für rechtzeitige Evakuierungen existierten. Auch der Frage, ob einigen Beschäftigten Gehaltserhöhungen für den Fall des Verbleibs in Afghanistan in Aussicht gestellt wurden, wird nachgegangen.