Amnesty sieht weiter Probleme bei Aufnahme russischer Dissidenten

Amnesty sieht weiter Probleme bei Aufnahme russischer Dissidenten

Berlin (epd). Die Menschenrechtsorganisation Amnesty International sieht auch nach dem Versprechen der Bundesregierung zur Aufnahme russischer Menschenrechtsverteidiger praktische Probleme für diese Gruppe. Bei den Aktivisten, Journalistinnen oder anderen, die wegen ihrer kritischen Haltung zur russischen Regierung bereits nach Deutschland gekommen sind, liefen in diesen Tagen die Schengen-Visa aus, sagte die stellvertretende Generalsekretärin der deutschen Amnesty-Sektion, Julia Duchrow, am Montag in Berlin. Dafür sehe sie „keine wirkliche Lösung und wir sind darüber betrübt“, sagte Duchrow beim Berliner Flüchtlingsschutzsymposium.

Die Abteilungsleiterin Politik bei Amnesty Deutschland sagte, erst nach langem öffentlichem Druck sei es der Bundesregierung gelungen, eine Lösung zu finden, um gefährdete Oppositionelle aus Russland oder den Nachbarstaaten aufzunehmen. Davon profitierten aber nicht diejenigen, die schon in Deutschland seien. Zudem kritisierte Duchrow bei der von der Bundesregierung angekündigten Regelung für diejenigen, die nach Deutschland kommen wollen, hohe Hürden. So müsse die Gefährdungslage sehr umfassend dargestellt werden, sagte sie.

Die Bundesregierung hatte sich Ende Mai darauf verständigt, in Russland gefährdete Gruppen wie Journalistinnen und Journalisten sowie Personen, die wegen ihres Einsatzes für Menschenrechte und gegen den Krieg in der Ukraine bedroht sind, auf Grundlage von Paragraf 22 des Aufenthaltsgesetzes aufzunehmen. Für eine Aufnahme infrage kommen unter anderem Menschenrechtsverteidigerinnen und -verteidiger, Personen, die mit ausländischen Organisationen gearbeitet haben, die in Russland als unerwünscht eingestuft sind, sowie Personen, die als ausländische Agenten eingestuft sind. Hinzu kommen Personen aus der Wissenschaft, die wegen öffentlicher Anti-Kriegs-Äußerungen nicht mehr frei arbeiten dürfen, Oppositionelle, die sich öffentlich gegen den russischen Angriffskrieg auf die Ukraine positioniert haben, und Medienschaffende.

Bislang haben Russinnen und Russen, die nach Deutschland wollten, vor der Einreise ein sogenanntes Schengen-Visum beantragt. Es erlaubte ihnen die Einreise, aber nur 90 Tage Aufenthalt - und keine Aufnahme von Arbeit in der Bundesrepublik.