London, Straßburg (epd). Die britische Regierung will trotz des Scheiterns des ersten Abschiebeflugs nach Ruanda an dem umstrittenen Asyl-Abommen mit dem ostafrikanischen Land festhalten. Sie sei sehr zuversichtlich, dass der nächste Flug abheben wird, sagte Arbeitsministerin Thérèse Coffey dem Sender Sky News am Mittwochmorgen. Nach einer Eilentscheidung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte war die umstrittene Abschiebung von mehreren Asylbewerbern von Großbritannien nach Ruanda am Dienstagabend gestoppt worden.
Nachdem er vor nationalen Gerichten gescheitert war, hatte ein irakischer Staatsbürger beim Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) Beschwerde gegen seine Deportation eingereicht. Das Gericht in Straßburg gab dem Begehren statt und ordnete die Aussetzung der Abschiebung des Irakers an, bis in drei Wochen vor britischen Gerichten eine endgültige Entscheidung in dem Fall getroffen wird.
Dabei argumentierten die Richter unter anderem, dass es berechtigte Zweifel gebe, ob Ruanda als sicherer Drittstaat einzustufen sei. Laut Medienberichten setzte die britische Regierung daraufhin den gesamten Flug aus, für den bis zu sieben Asylbewerber vorgesehen gewesen seien. Das im April zwischen der Regierung von Boris Johnson und Ruanda unterzeichnete Abkommen sieht vor, irregulär in das Vereinigte Königreich eingereiste Personen nach Ruanda auszufliegen. Statt in Großbritannien soll den Migranten nach Prüfung des Asylantrags die Möglichkeit gewährt werden, dort Fuß zu fassen.
Menschenrechtler und Kirchenvertreter hatten die Pläne scharf kritisiert. Die Flüchtlingsorganisation Pro Asyl sprach von einem „gefährlichen Präzendenzfall“ und warnte vor einer vollständigen Aushöhlung des Asylsystems.
Trotz der Entscheidung des EGMR und der anhaltenden Kritik verteidigte Coffey das Vorhaben. Es sei richtig, dass die Regierung versuche, Menschen von der illegalen Einreise abzuhalten, sagte sie. Auch die Regierung von Ruanda will trotz der Niederlage vor Gericht an dem Abkommen festhalten, wie der britische Sender BBC berichtete.