"Als evangelische Kirche müssen wir bis an die Grundfesten der Theologie der Reformation gehen, um dort die antijüdischen Inhalte aufzuspüren und zu verändern", sagte der Beauftragte der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) für den Kampf gegen Antisemitismus.
Der Bundesgerichtshof hatte am Dienstag eine Klage auf Entfernung eines antijüdischen mittelalterlichen Schmähreliefs von der Fassade der Stadtkirche zu Wittenberg abgelehnt. Damit bestätigte der VI. Zivilsenat die Entscheidungen der Vorinstanzen.
"Auch nach diesem Urteil bleibt aus evangelischer Sicht klar: Wir müssen uns intensiv an den judenfeindlichen Bildern in unserer Tradition abarbeiten und ihnen aktiv etwas entgegensetzen", fügte Staffa hinzu. Das könnten zum Beispiel antisemitismuskritische Bibelauslegungen sein oder gemeinsame Foren mit Jüdinnen und Juden. "Es geht um Aufklärung im besten selbstkritischen Sinne in Theologie, Religionspädagogik und Kirchenkunst", sagte der Studienleiter für Demokratische Kultur und Kirche an der Evangelischen Akademie zu Berlin.
Das BGH-Urteil zeige einmal mehr, dass die Auseinandersetzung um solche Schmähplastiken nicht juristisch zu lösen seien, erklärte Staffa: "Die meisten Gemeinden, an deren Kirchengebäuden es solche Schmähskulpturen gibt, setzen sich aktiv mit ihnen auseinander und distanzieren sich deutlich von ihnen. In Wittenberg geschieht dies mit einer eindrücklichen Stätte der Mahnung."
Doch man dürfe es dabei nicht belassen, so Staffa weiter: "Es geht um intensivere Aufklärung und aus meiner Sicht auch um visuell andere Lösungen. Das können zum Beispiel Abdeckungen oder Verhüllungen sein, die judenfeindliche Darstellungen nicht kaschieren, sondern dieses furchtbare Erbe unserer protestantischen Tradition zum Thema machen." Ebenso müssten auch andere Kunstwerke in den Blick genommen werden als nur Skulpturen an Kirchenfassaden: "Zum Beispiel stellt das Wittenberger Cranach-Altarbild mit seiner Darstellung des Abendmahls und der darin verzerrten Judasfigur eine große Herausforderung dar."