Karlsruhe (epd). Im Streit um eine aus dem Mittelalter stammende judenfeindliche Schmähplastik an der Wittenberger Stadtkirche wird für Dienstag ein Urteil des Bundesgerichtshofes erwartet. Das Karlsruher Gericht soll entscheiden, ob die sogenannte „Judensau“ an der Kirche der Lutherstadt entfernt werden muss und ob das Sandsteinrelief den Tatbestand der Beleidigung erfüllt. Kläger ist ein Mitglied einer jüdischen Gemeinde, Beklagte ist die evangelische Kirchengemeinde.
Die Plastik von 1290 zeigt eine Sau, an deren Zitzen Menschen trinken, die Juden darstellen sollen. Ein Rabbiner blickt dem Tier unter den Schwanz und in den After. Schweine gelten im Judentum als unrein.
Der Kläger hatte gegen ein Urteil des Oberlandesgerichtes Naumburg (OLG) vom Februar 2020 Revision eingelegt. Demnach muss das Relief nicht beseitigt werden, weil es seit 1988 in ein Gedenkensemble eingebunden ist. Auf einem Mahnmal befindet sich unter anderem ein Erklär-Text, in dem sich die Gemeinde von der Skulptur distanziert.
Das Landgericht Dessau-Roßlau hatte zunächst im Mai 2019 die Klage abgewiesen, das Oberlandesgericht hatte die darauffolgende Berufung des Klägers zurückgewiesen. Das öffentlich sichtbare Relief verwirkliche weder den Tatbestand der Beleidigung, noch verletze es das allgemeine Persönlichkeitsrecht des Klägers, hieß es beim OLG. Zwar habe das Relief ursprünglich dazu gedient, Juden verächtlich zu machen, zu verhöhnen und herabzuwürdigen. Inzwischen sei es aber Teil eines nicht zu übersehenden Ensembles von Exponaten zu der beanstandeten Schmähplastik.