Berlin (epd). In der Debatte um finanzielle Hilfen für ärmere Haushalte hat sich Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) gegen ein weiteres Entlastungspaket vor der Sommerpause ausgesprochen. Zwar habe er solche Äußerungen gelesen, sagte Lindner dem Nachrichtenportal „t-online“ am Samstag. „Es gibt aber finanziell und rechtlich wenig Spielraum dafür, wenn wir nicht woanders sparen. Das muss bei allen Vorschlägen mit bedacht werden.“ Auch Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) dämpfte die Erwartungen an den Staat.
Lindner sagte, er rate, die bisherigen Maßnahmen „wirken zu lassen“. Eine vierköpfige Familie sei gerade teilweise mit über 1.000 Euro entlastet worden. „Für das kommende Jahr dann empfehle ich neue Maßnahmen.“ Vor allem die kleinen und mittleren Einkommen hätten eine Entlastung verdient. „Angesichts der hohen Inflation müssen wir vor allem kalte Progression verhindern.“
Insbesondere Menschen mit niedrigen Einkommen machen die auch wegen des Ukraine-Krieges gestiegenen Lebensmittel- und Energiepreise zu schaffen. Zu den bisherigen Entlastungsmaßnahmen der Bundesregierung zählen unter anderem das 9-Euro-Ticket für den Nahverkehr, der Tankrabatt, die Energiepauschale von 300 Euro für einkommenspflichtige Erwerbstätige und die Abschaffung der EEG-Umlage. Zuletzt hatten Politiker der Ampelkoalition rasche weitere Entlastungen in Aussicht gestellt.
Arbeitsminister Heil sprach sich dafür aus, in einem zukünftigen Entlastungspaket ein sogenanntes soziales Klimageld zu verankern, mit dem Empfänger von mittleren und unteren Einkommen entlastet werden sollen. „Eines ist aber auch bei weiteren Maßnahmen klar: Wir sollten nicht so tun, als könne der Staat alles für alle ausgleichen“, sagte er der „Welt am Sonntag“.
Zur derzeit diskutierten Übergewinnsteuer, mit der Kriegsgewinne von Mineralölkonzernen abgeschöpft werden sollen, sagte Heil, er glaube nicht an eine rasche Einführung. Zwar finde er die Debatte um die Einführung einer solchen Steuer legitim, „aber es müssen noch Fragen geklärt werden“. Die Rechtslage sei noch unklar. Für eine solche Steuer setzen sich in der Ampel-Koalition vor allem die Grünen ein. Die FDP lehnt eine solche Steuer ab.
Der Wirtschaftsethiker Joachim Fetzer warnte ebenfalls vor überzogenen Erwartungen. Für die Einführung einer Übergewinnsteuer müsste der Staat wissen, wie genau die Preisfindung zustande kommt und wie die Kostenstrukturen innerhalb der Unternehmen sind, um definieren zu können, ab wann ein Übergewinn vorliege, sagte der Honorarprofessor der Hochschule für angewandte Wissenschaften Würzburg-Schweinfurt dem Evangelischen Pressedienst (epd).
Derweil drang der Deutsche Mieterbund angesichts des zu erwartenden Anstiegs der Nebenkosten auf Entlastungen für Mieter. „Das Wohngeld muss grundlegend reformiert werden“, sagte Präsident Lukas Siebenkotten den Zeitungen der Essener Funke Mediengruppe (Samstag). „Derzeit erreicht es nur weniger als eine Million Empfänger, der Großteil davon sind Rentner.“ Er forderte Rechtsansprüche beim Wohngeld, die die Unterstützung in Notsituationen klarer regeln: „Einmalzuschüsse bringen auf Dauer keine Entspannung.“