EKD-Friedensbeauftragter kritisiert Sondervermögen für die Bundeswehr

EKD-Friedensbeauftragter kritisiert Sondervermögen für die Bundeswehr
Käßmann lehnt Waffenlieferungen an die Ukraine weiter ab
Der Bundestag hat das Sondervermögen von 100 Milliarden Euro für die Bundeswehr verabschiedet - für den EKD-Friedensbeauftragten Kramer weist der Beschluss in die falsche Richtung.

Bonn (epd). Der Friedensbeauftragte der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Friedrich Kramer, hat das vom Bundestag beschlossene Sondervermögen für die Bundeswehr kritisiert. „Allein auf militärische Ausgaben zu setzen, wird der Komplexität der Sicherheitsprobleme vom Klimawandel über globale Gesundheitsprobleme bis hin zur Bekämpfung von Not, Armut und Hunger in den Ländern des globalen Südens nicht gerecht“, erklärte der Bischof der Evangelischen Kirche in Mitteldeutschland am Freitagabend. Stattdessen sei ein deutlicher Vorrang für ziviles Engagement und gewaltfreie Konfliktlösung erforderlich. Die frühere hannoversche Landesbischöfin Margot Käßmann betonte, nicht mehr Waffen, sondern Abrüstung, Klimaschutz und Entwicklungshilfe seien eine Antwort für die Zukunft.

Der Bundestag hatte am Freitag mit großer Mehrheit das 100 Milliarden Euro umfassende Sondervermögen zur Stärkung der deutschen Streitkräfte verabschiedet. Zuvor hatte im Parlament auch eine Grundgesetzänderung zur Absicherung des Sonderfonds die nötige Zweidrittelmehrheit bekommen. Dem muss auch noch der Bundesrat zustimmen.

Kramer erklärte, so verständlich die Forderung nach einer angemessenen Ausstattung der Bundeswehr angesichts des russischen Angriffskrieges gegen die Ukraine sei, so dürfe dies nicht zu Vernachlässigungen im Bereich der entwicklungspolitischen Zusammenarbeit und der humanitären Hilfe führen. „Aufrüsten klingt zwar erst einmal logisch und verspricht eine Scheinsicherheit“, sagte der Friedensbeauftragte. „Aber wenn jetzt über Jahre Ressourcen gebunden werden, die nicht nachhaltig auch in Krisenregionen helfen, wird sich die Hilflosigkeit gegenüber den Krisen verstärken“. Es werde zu neuen Konflikten kommen.

Käßmann sagte mit Blick auf den beschlossenen Anstieg der Rüstungsausgaben der „Rheinischen Post“ (Samstag): „Ich habe sieben Enkelkinder. Und ich denke, für die Zukunft ist nicht mehr Rüstung die Antwort, sondern Abrüstung, mehr Klimaschutz, mehr Investitionen in Entwicklung.“

Zudem bekräftigte die frühere EKD-Ratsvorsitzende ihre Kritik an den Waffenlieferungen Deutschlands an die Ukraine. „Wer jetzt gegen schwere Waffen ist, wird als 'Lumpen-Pazifist' oder 'fünfte Kolonne Putins‘ diffamiert. Das kann ich nicht hinnehmen“, sagte sie. Es sei im Moment sehr schwer, Pazifistin zu bleiben. „Ich tue es aber. Aus Überzeugung“, betonte die Theologin.

„Ich wäre auch als Politiker mit solchen Aussagen ein bisschen zurückhaltender“, fügte Käßmann hinzu. Umfragen zufolge seien 45 Prozent der Menschen in Deutschland für Waffenlieferungen, 45 Prozent dagegen. „Auch bei den Gottesdiensten spüre ich, dass es da eine große Irritation gibt.“ Käßmann wünscht sich nach eigenen Worten stattdessen mehr Diplomatie, Verhandlungen und Druck auf einen Waffenstillstand. „Andere setzen dagegen darauf, durch mehr Waffen und einen - mir geht es kaum über die Lippen - 'höheren Blutzoll' die Verhandlungsposition zu verbessern.“

Innerhalb der EKD und der 20 Landeskirchen gibt es unterschiedliche Postionen zu Waffenlieferungen an die Ukraine. Während neben anderen die EKD-Ratsvorsitzende und westfälische Präses Annette Kurschus Waffenlieferungen befürwortet und das mit dem Recht der Ukrainer auf Selbstverteidigung begründet, lehnt der Friedensbeauftragte Kramer die Lieferung von Waffen ab. Er befürchtet dadurch eine weitere Eskalation. Wer die Gegenposition unter leitenden Protestanten vertritt, erhofft sich gerade durch Waffenlieferungen einen Weg zu Verhandlungslösungen im Konflikt zwischen Russland und der Ukraine.