Mainz (epd). Die Verbandsgemeinde Altenahr hat während der Flutkatastrophe im Ahrtal schon frühzeitig darum gebeten, den Katastrophenalarm auszulösen. Die Kreisverwaltung habe das zunächst unter Verweis auf noch zu überprüfende Daten abgelehnt, berichtete die damalige Verbandsbürgermeisterin und heutige Landrätin des Kreises Ahrweiler, Cornelia Weigand (parteilos), am Freitag im Ahrtal-Untersuchungsausschuss des Mainzer Landtags. In einer mehrstündigen Befragung schilderte sie ihre Erlebnisse während der dramatischen Ereignisse.
Laut Weigand ist bereits am Nachmittag klar gewesen, dass der Pegel den Wert des extremen Hochwassers von 2016 deutlich übertreffen würde. Die Feuerwehr habe die örtlichen Warnpläne umgesetzt. Das Wasser sei dann aber mit einem unvorstellbaren Tempo um bis zu zwei Meter innerhalb einer Stunde angestiegen. „Die Geschwindigkeit und die Dramatik sind, wenn man es nicht miterlebt hat, außerhalb jeder Fantasie“, sagte die Kommunalpolitikerin.
Bis zum Zusammenbruch von Stromversorgung, Telefonleitungen und Mobilfunkverbindungen habe sie dann immer mehr Hilferufe von Betroffenen erhalten, teilweise hätten sich Menschen von Hausdächern oder Bäumen aus gemeldet. Bei den Telefonaten hätten alle Menschen ständig brüllen müssen, weil die Verbindung schon so schlecht gewesen und vom Tosen des angeschwollenen Flusses übertönt worden sei.
„Als Bürgermeisterin die Botschaft zu haben, es gibt keine Hubschrauber - das war eine spezielle Situation“, erinnerte sie sich. Als auch das Rathaus der Verbandsgemeinde voll Wasser lief, habe sie sich schließlich an den örtlichen Pfarrer gewandt. Sie sei zwar Atheistin, aber er möge für die Menschen beten, sei ihre Bitte gewesen.
Mit dem tagsüber nicht erreichbaren damaligen Landrat des Kreises Ahrweiler, Jürgen Pföhler (CDU), konnte sie nach eigenen Worten erst spät in der Flutnacht Kontakt aufnehmen. Pföhler habe erregt gewirkt und berichtet, dass auch sein eigenes Haus überschwemmt worden sei. Sie habe den Landrat irgendwann unterbrochen, um die katastrophale Situation in ihrer Gemeinde zu schildern.
Bereits zu Beginn der Sitzung hatten die Ausschuss-Mitglieder im nichtöffentlichen Teil entschieden, dass Pföhler und seine Ehefrau am 8. Juli wie geplant in Mainz erscheinen müssen. Anträge des Paares, das wieder von der Zeugenliste gestrichen werden wollte, wurden abgelehnt. Wie in einem Gerichtsprozess stehe es dem ehemaligen Politiker frei, die Aussage zu verweigern, um sich nicht selbst zu belasten, sagte der Ausschussvorsitzende Martin Haller (SPD). Gleiches gelte auch für enge Angehörige.
Haller wollte auf Nachfrage weder bestätigen noch dementieren, dass auch eine enge Freundin Pföhlers als Zeugin in den Ausschuss vorgeladen wird, wie die in Ludwigshafen erscheinende Tageszeitung „Die Rheinpfalz“ zuvor unter Berufung auf interne Akten berichtet hatte. „Das wird selbstverständlich nicht kommentiert“, sagte der Ausschussvorsitzende. Gegen Pföhler ermittelt die Staatsanwaltschaft wegen des Verdachts der fahrlässigen Tötung durch Unterlassen. Haller kündigte an, dass der Untersuchungsausschuss noch mindestens bis zu den Herbstferien weitere Termine ansetzen werde.