Verfassungsschutz zählt knapp 10.000 Extremisten in Berlin

Verfassungsschutz zählt knapp 10.000 Extremisten in Berlin
Das Spektrum der Extremisten ist in Berlin laut Verfassungsschutz weiter gewachsen. Große Sorgen bereiten den Sicherheitsbehörden radikale Verfassungsfeinde in der Corona-Leugner-Szene und die zunehmenden Attacken auf die Presse.

Berlin (epd). Der Berliner Verfassungsschutz zählt rund 10.000 Menschen in der Bundeshauptstadt zum extremistischen Spektrum. In dem am Dienstag in Berlin vorgestellten Verfassungsschutzbericht für 2021 spricht die Sicherheitsbehörde von insgesamt 9.950 Extremisten. Das seien 290 mehr als im Vorjahr 2020 und ein Zuwachs um über 400 gegenüber dem vorpandemischen Jahr 2019.

Die größte Gefahr für die freiheitlich-demokratische Grundordnung und die Demokratie geht nach den Worten von Innensenatorin Iris Spranger (SPD) nach wie vor vom Rechtsextremismus aus. Dessen Personenpotenzial sei mit 1.440 Personen in 2021 nahezu unverändert. Davon gelten 750 als gewaltorientiert. Im Jahre 2020 wurden 1.430 Personen dieser Szene zugeordnet.

Die rechtsextreme Szene habe in 2021 versucht, die Corona-Proteste zu beeinflussen, sagte Spranger. So seien Anhänger von „III. Weg“, NPD, Identitärer Bewegung und „Reichsbürger“ auf solchen Veranstaltungen festgestellt worden. Einen nennenswerten Einfluss auf das Protestgeschehen habe die rechtsextreme Szene aber nicht erreicht. In den Reihen der Berliner Sicherheitsbehörden zählte der Verfassungsschutz 74 Verdachtsfälle von Rechtsextremisten und „Reichsbürgern“ mit insgesamt 93 Personen.

Die meisten Extremisten verortet der Berliner Verfassungsschutz in der linken Szene mit 3.800 Personen, darunter 950 gewaltbereite. Die Aktivitäten der Szene richteten sich zumeist gegen die tatsächliche oder drohende Räumung von Szeneobjekten.

Der Islamistenszene rechnet der Verfassungsschutz in Berlin 2.260 Personen zu. Das sind 90 mehr als im Vorjahr 2020. Die größte Gruppe seien dabei die Salafisten mit 1.100.

Zudem widmet sich der Bericht der sogenannten Corona-Leugner-Szene. Dieses Spektrum habe sich im Zuge der Proteste gegen die staatlichen Corona-Maßnahmen entwickelt und in Teilen immer stärker radikalisiert. Hier sei eine verfassungsfeindliche Szene entstanden, die staatliche Maßnahmen und Institutionen anhaltend und systematisch attackiert, die den Parlamentarismus verächtlich macht, gerichtliche Entscheidungen bewusst provozierend missachtet und etablierte Medien verbal und körperlich angreift.

Sorge bereitet den Verfassungsschützern zudem der in allen extremistischen Szenen verbreitete Hass auf die Medien. Deutschlandweit habe es 2021 so viele Übergriffe auf Journalisten gegeben wie nie zuvor, sagte die Innensenatorin. Dies sei auch darauf zurückzuführen, dass Verfassungsfeinde seit einigen Jahren sehr gezielt gegen bestimmte Medien agierten. Dafür stehe etwa der diffamierende Begriff „Lügenpresse“.

Neue verfassungsfeindliche Bestrebungen stünden häufig im Zusammenhang mit den Protesten gegen die Corona-Eindämmungsmaßnahmen, sagte Spranger. Immer häufiger gebe es auch persönliche Attacken gegen Journalisten. So gäben inzwischen zwei Drittel der befragten Medienschaffenden an, dass sie die Freiheit und Unabhängigkeit der journalistischen Arbeit gefährdet sähen.