Marburger Bund kritisiert Verdrängungswettbewerb im Gesundheitssektor

Marburger Bund kritisiert Verdrängungswettbewerb im Gesundheitssektor

Bremen (epd). Die Ärztegewerkschaft Marburger Bund hat vor einer zunehmenden Monopolbildung bei Medizinischen Versorgungszentren (MZV) gewarnt. Der wachsende Anteil von börsennotierten Unternehmen und Privatkapital-Beteiligungen an den Einrichtungen bedrohe die Versorgungsqualität, heißt es einem Beschluss der am Sonntag in Bremen zu Ende gegangenen Jahreshauptversammlung des Verbandes. Der Marburger Bund forderte den Gesetzgeber auf, ein öffentliches und frei zugängliches Register zu schaffen, das Besitzverhältnisse und medizinische Verantwortlichkeit für die MZV und vergleichbare Einrichtungen offenlegt.

Anders als bei klassischen Einzel- oder Gemeinschaftspraxen, die von selbstständigen Ärzten betrieben werden, arbeiten in MZV angestellte Mediziner. Eine MZV muss zwar ärztlich geleitet werden, kann aber auch in Besitz von Investoren aus dem nicht-medizinischen Bereich sein. Da für Patientinnen und Patienten kaum ersichtlich sei, wer hinter einem MZV stehe, solle fortan auf dem Praxisschild ein Hinweis auf die Trägerschaft verpflichtend sein, forderte der Marburger Bund am Sonntag.

Am Samstag hatte die Bundesvorsitzende der Ärztegewerkschaft, Susanne Johna, zum Auftakt der zweitägigen Hauptversammlung einen „durch politische Entscheidungen forcierten Verdrängungswettbewerb“ im Krankenhaussektor kritisiert. Unter diesem litten Klinikpersonal und Patienten gleichermaßen, zudem seien für eine verlässliche Versorgung relevante Krankenhausstandorte von der Insolvenz bedroht. Immer mehr kommerzielle Steuerungs- und Regulierungsinstrumente dominierten das Gesundheitssystem und setzen falsche Anreize. „Gesundheit ist aber kein marktwirtschaftliches Gut, sondern öffentlicher Auftrag im Rahmen der Daseinsvorsorge“, mahnte die Marburger-Bund-Vorsitzende.

Angesichts einer älter werdenden Ärzteschaft warnte Johna vor einer weiteren Zuspitzung des Medizinermangels. Knapp 90.000 der 416.000 berufstätigen Ärztinnen und Ärzte stünden nach Zahlen der Bundesärztekammer kurz vor dem Ruhestand. Gemessen daran seien rund 11.000 Medizinstudienplätze in Deutschland zu knapp bemessen, um für ausreichenden Ärztenachwuchs zu sorgen. „Seien wir ehrlich: Ohne die relevante Zuwanderung von Ärztinnen und Ärzten aus dem Ausland wäre die Versorgung schon lange nicht mehr sicherzustellen“, betonte Jona vor rund 260 Delegierten. Jedes kommende Reformprojekt der Gesundheitsversorgung müsse den Fokus auf den Fachkräftemangel legen.

Mit rund 131.000 Mitgliedern ist der 1947 in Berlin gegründete Marburger Bund die größte Interessenvertretung angestellter und beamteter Ärztinnen und Ärzte in Deutschland. Die diesjährige Hauptversammlung des Marburger Bundes in Bremen markiert zugleich den Auftakt des bundesweit wichtigsten Ärztetreffens: Von Dienstag an kommen beim Deutschen Ärztetag, der jährlichen Hauptversammlung der Bundesärztekammer, 250 Delegierte der 17 deutschen Ärztekammern zusammen. Erörtert werden sollen unter anderem Themen wie der medizinische Versorgungsbedarf in einer alternden Gesellschaft sowie die Folgen der Corona-Pandemie für Kinder und Jugendliche.