Berlin (epd). Die Co-Vorsitzende der Jüdischen Studierendenunion, Hanna Veiler, sieht in ihrer Generation große Wissenslücken beim Thema Antisemitismus. Sie sei viel in der queeren, linken und grünen Szene unterwegs, sagte die 23-jährige Veiler der „Berliner Morgenpost“ (Montag). Antisemitismus sei in diesen Räumen oft „ein blinder Fleck“.
„Man ist zwar zum Glück achtsamer bei Themen wie Rassismus und Sexismus, aber zu Antisemitismus fehlen den Leuten oft der Bezugspunkt und das Wissen“, kritisierte Veiler: „Die meisten haben in ihrem engeren Umfeld niemanden, der davon betroffen ist. Deshalb geht das Thema oft unter, wenn über Rassismus geredet wird.“
Man gehe davon aus, dass Antisemitismus schon dazugehöre. Das sei aber falsch. Es seien zwei unterschiedliche Phänomene, die getrennt thematisiert werden müssen, forderte die Autorin.
„Antisemitismus muss für sich benannt werden“, sagte Veiler. Antisemitismus sei eine Art und Weise, sich die Welt zu erklären, eine Welt, in der es eine übermächtige jüdische Elite gibt, die alle anderen manipuliert und kontrolliert. Juden würden in dieser Sichtweise für alles Leid auf der Welt verantwortlich gemacht. So funktionierten antisemitische Verschwörungsmythen.
„Wenn wir etwas gegen Antisemitismus tun wollen, dann müssen wir verstehen, was Antisemitismus ist“, sagte Veiler: „Und dieses Verständnis fehlt vielen, die behaupten, in anderen Bereichen 'woke' zu sein.“ Als „woke“ (englisch: aufmerksam) werden Menschen bezeichnet, die eine besondere „Wachsamkeit“ bei Diskriminierungen und Missständen haben.