Brandenburg an der Havel (epd). Der Prozess gegen einen früheren Wachmann des KZ Sachsenhausen ist am Montag in Brandenburg an der Havel fortgesetzt worden. Nach Angaben des zuständigen Landgerichts Neuruppin wurde nach einer mehrwöchigen Verzögerung abhängig vom Verlauf des Hauptverhandlungstermins der Abschluss der Beweisaufnahme erwartet. Zuvor waren sechs Verhandlungstermine im April und Mai wegen einer Erkrankung des 101-jährigen Angeklagten aufgehoben worden. (Az.: 11 Ks 4/21)
Der Angeklagte Josef S. erschien am Montag zunächst nicht vor Gericht. Nach Angaben des Vorsitzenden Richters Udo Lechtermann überprüfte ein Gerichtsmediziner daraufhin den Gesundheitszustand des Angeklagten. Nebenklageanwalt Thomas Walther rechnet nach eigenem Bekunden trotz Verzögerungen damit, dass das Verfahren fristgemäß abgeschlossen wird.
Die Staatsanwaltschaft wirft Josef S. Beihilfe zum grausamen und heimtückischen Mord in mehr als 3.500 Fällen vor. Der Angeklagte war den Ermittlungen zufolge in der Zeit zwischen dem 23. Oktober 1941 und dem 18. Februar 1945 SS-Wachmann in Sachsenhausen. Der in Litauen geborene Baltendeutsche bestreitet dies. Zahlreiche Unterlagen sprechen jedoch dafür.
Im KZ Sachsenhausen waren zwischen 1936 und 1945 mehr als 200.000 Menschen inhaftiert. Zehntausende von ihnen wurden ermordet oder kamen auf andere Weise ums Leben.
Der Prozess hatte Anfang Oktober vergangenen Jahres begonnen. Er findet nicht in Neuruppin, sondern in der Nähe des Wohnortes des Angeklagten in Brandenburg an der Havel statt, weil Josef S. laut Gutachter nur wenige Stunden am Tag verhandlungsfähig ist.